Charlie Hunter Duo | 10.09.1999

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Wenn man in dem unübersehbaren Heer von jungen Gitarrespielern auffallen will, muß man entweder besonders gut sein oder sich etwas besonderes einfallen lassen. Bei Charlie Hunter trifft beides in glücklicher Weise zusammen. Mit seinem bei um so genaueren Hinsehen um so originelleren Instrument, einer achtsaitigen Gitarre, und in der nicht alltäglichen Duobesetzung mit dem Schlagzeug präsentierte er im Birdland ein über weite Strecken groovig-swingendes Konzert. Den beiden gelingt es, verschiedenste Stilmittel zusammenzuführen zu einer ganz eigenen und eigenartigen Melange aus Swing, Blues, Funk, Fusion, Karibikbegeisterung und balladesken Klangkollagen.
Für den Gitarrenfan schier unglaublich wirkt es, wie virtuos und gleichzeitig ökonomisch Hunter die Zauberfinger seiner linken Hand einsetzt, ist er doch zugleich sein eigener Bassist. Filigrane rhythmische Strukturen verbinden sich mit harmonischem Einfallsreichtum, technischen Kabinettstückchen und melodiöser Phantasie. Dabei offenbart sich die Stärke der achtsaitigen Gitarre auch als Schwäche, denn die Notwendigkeit der Basslinie schränkt die melodische Vielfalt doch ein, manches ist vorherzusehen und ausrechenbar; andererseits überrascht Hunter dann doch immer wieder mit einer nicht für möglich gehaltenen Variabilität. Auch die Sounds variieren, so mutiert die Gitarre zeitweilig unversehens zur Hammond-Orgel.
Das Einstiegskonzert in die Saison zeigte auch bei den Musikern ein wenig Anfangsnervosität. Das Konzert zerfiel nicht nur formal in zwei Sets. Was in der ersten Hälfte zuweilen hektisch, suchend, umtriebig und zum Teil uninspiriert und nervös wirkte und sich in mancherlei Heckmeck flüchtete, entpuppte sich im zweiten Set als entspannt groovendes und swingendes musikalisches Abenteuer voller beflügelter Ideen. So entwickelt sich auch Adam Cruz am Schlagzeug vom Begleiter im Laufe des Konzerts mehr und mehr zum kongenialen Partner mit Ideenvielfalt und Einfühlungsvermögen. Er leistet dabei auch einiges für den melodiösen Zusammenhalt, wenn er an der Steeldrum mit Hunter ins anregend erfrischende Gespräch kommt.
Alles in allem ergab sich ein außergewöhnliches Experiment mit einem spannenden Ergebnis – nicht nur für Gitarrenfans – und ein Einstieg in die Jazzsaison, der Appetit macht auf mehr.