Charles Lloyd Trio | 27.04.2007

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Die reine Schönheit der Musik! Wenn es je gelingt, der Essenz dessen nahe zu kommen, was Kunst ausmacht, dann nur mit jener perfekt ausbalancierten Mischung aus Sensibilität, Kompromisslosigkeit und unmittelbarer Authentizität, wie sie Charles Lloyd im Neuburger Birdland Jazzclub darbot. Der meist zurückgezogen lebende Saxophonist war gemeinsam mit Reuben Rogers (Bass) und Eric Harland (Schlagzeug) nach 2003 zum zweiten Mal an die Donau gekommen und genoss sichtlich und hörbar die familiäre Atmosphäre im historischen Gewölbe des Neuburger Jazzmekka.

Ohne irgendwelches Geplänkel stürzen sich die Drei hinein ins schier alchimistische Spiel der Elemente, unberechenbar und doch so einleuchtend, komplex und doch so klar, jeder ganz bei sich, alle drei ganz bei einander. Seit je geht es im Jazz um die Unverwechselbarkeit der Stimme und die Wahrhaftigkeit der erzählten Geschichten: You have to tell your own story! Charles Lloyds Ton ist bei aller scheinbaren Zerbrechlichkeit des Luftstroms von unbändiger Kraft, bei aller Zartheit des Ausdrucks von nachhaltiger Stabilität und Energie. Sein Spiel strahlt in souveräner Eigenständigkeit, tief getränkt von der Tradition des Gospel und einer sehr persönlichen Spiritualität. „Go down Moses“, „Jumping the Creek“ oder „Georgia Bright Suite“: Die Linien strömen in atemberaubendem Strudel aus dem Horn, nie aggressiv, nie zornig, gerade dadurch von überzeugendem Nachdruck. Rogers und Harland bilden dazu ein Gespann von enormer Klasse, hip, technisch brillant und phantasievoll, konzentriert in der jeweiligen Individualität, kreativ in der Kommunikation. Jeder der Drei kann für sich den Keller in Atem halten, kann wahre Elmsfeuer in Kopf und Herzen zum Leuchten bringen. In gebündelter Einheit des Trios sind sie ganz nah dran an der Essenz des Jazz. Und nachher bekannte der sonst so menschenscheue Meister selbst, es sei für ihn das schönste Konzert seit Jahren gewesen.