Celebrating Cannonball Adderley | 22.03.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Es mag paradox klingen, aber irgendwie meint man, dieses hochkarätig besetzte Quintett auf der Bühne des Neuburger Birdland Jazz-clubs bestünde aus sechs Musikern. Jim Snidero am Altsaxofon, Jeremy Pelt an der Trompete, Paul Kirby am Piano, Rick Hollander am Schlagzeug und Martin Zenker am Kontrabass verbeugen sich vor dem legendären Saxofonisten und Komponisten Julian „Cannonball“ Adderly, und sobald diese hochkarätig besetzte Combo Nummern wie „Del Sasser“, „Dad Song“ oder Adderly’s großen Hit „Work Song“ anstimmt, ist der Geehrte quasi mit anwesend.

Die in dieser Besetzung versammelten Nachfahren Adderly‘s sind genau die Richtigen, um diesen Stilbildner aus den 50-ern und 60ern ein akustisches Denkmal zu setzen. Nicht umsonst betitelt das Programmheft Snidero als „eine Art Alter Ego von Cannonball“ und Pelt als „Nat Adderly-Klon“ – Trompeter Nat war Cannonball’s Bruder und Partner – denn beiden sind die typischen funky Grooves, die deren Schöpfer selbst als „Soul“ bezeichnete, wie maßgeschneidert auf den Leib geschrieben. Snidero hat die brillant phrasierte Bop-Spielweise Adderly‘s verinnerlicht und folgt auch mit der Anlage seiner eigenen Kompositionen dessen Spuren, Pelt beginnt seine Soli nicht in herkömmlichem Sinne, sondern grätscht regelrecht in sie hinein, um sich dann mit messerscharf akzentuierten Läufen in schwindelnde Höhen zu schrauben. Und wenn Paul Kirby am Piano ab und zu durchaus mal ein klein wenig an Joe Sample erinnert, dann ist das nur folgerichtig, denn jener hat mit seinen Crusaders schließlich in der Nachfolge Adderly’s dessen Art von Soul-Jazz in angepasster Form endgültig und sehr erfolgreich einem breiten Publikum nahegebracht.

Die Stücke Adderly‘s und Snidero’s vom Album „Jubilation!“ und der am 4. April erscheinenden CD „Waves Of Calm“, um die es ausnahmslos geht an diesem Abend, waren und sind nicht für eine stille Existenz im Elfenbeinturm gedacht. Einige Adderly-Nummern waren kurz nach ihrer Veröffentlichung sogar Teil der allgemeinen Hitlisten, hier im Birdland ergeben sie zusammen mit denen Snidero’s eine wahrlich feurige Mischung, die ihre Wirkung beim Publikum denn auch nicht verfehlt. Kein Wunder also, dass die Temperatur im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal nicht nur wegen der Enge unaufhörlich steigt, sondern vor allem wegen der Musik, die an diesem Abend ganz einfach besonders „heiß“ ist. Dass  sich die Begeisterung am Ende lautstark wie selten bahnbricht, ist denn auch gar nicht verwunderlich. Was für tolle Musik, was für ein mitreißender Abend!