International Hot Jazz Quartet | 23.03.2019

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Das ist nun wirklich mal ein sprechender Name. International Hot Jazz Quartet nennt sich die Formation, die am Samstag den Birdland-Keller in Neuburg rockte. Mit gutem Grund: Der Schlagzeuger Anthony Howe ist ein Australier, der in Singapur wohnt, der Trompeter Duke Heitger
lebt in New Orleans, der Pianist Paolo Alderighi stammt aus Mailand und hat seine Zelte jetzt in St. Louis aufgeschlagen – und Engelbert Wrobel (Tenorsaxofon und Klarinette) ist ein Deutscher, der musikalisch in der ganzen Welt zu Hause ist.

Auch das Wörtchen Hot ist nicht nur irgend ein Gag. Diese Band besteht, musikalisch betrachtet, aus vier heißen Typen. Anthony Howes Mienenspiel am Schlagzeug ist allein schon das Eintrittsgeld wert, dieser technisch perfekte Jazz-Komödiant überrascht immer wieder durch witzige Einlagen, er bietet allerfeinste Unterhaltung. Die beiden Bläser tragen sich gegenseitig durch die irrsten Improvisationen und beweisen sich im nächsten Moment als feinsinnige Tonzauberer in betörend schönen Balladen.
Und Paolo Alderighi lässt auf zurückhaltende Art den Bösendorfer-Flügel zu einem Potpourri von Cha-Cha-Ryhthmen über wilde Passagen im „Tiger Rag“ bis hin zum Improvisations-Feuerwerk rund um berühmte Standards von Louis Armstrong oder Glenn Miller erblühen. Da musizieren vier Meister-Jazzer tatsächlich auf Augenhöhe – einen derart dichtenund stimmigen Sound, auch im Ineinandergreifen von heißen Soli, bekommt man auch auf internationalem Jazz-Niveau nicht so oft geboten.

Was das bedeutet, lässt sich am „Tiger Rag“, einem von Louis Armstrong und vielen anderen Größen oft gespielten Schlager, gut beobachten. Die nur allzu bekannten Themen und Motive blitzen beim International Hot Jazz Quartet quer durch die einzelnen Instrumente ganz plastisch auf, aber jedes Mal in Klangfarbe und Intensität leicht verwandelt. Dazu liefern sich die vier Matadore ein herausforderndes Wechselspiel von – im positiven Sinn – irren Einfällen. So wird eine ehrwürdige Tradition mutig und überzeugend neu interpretiert, der Staub wird von den alten Ikonen weggeblasen. Zu erleben ist ein funkelnder Jazz-Klassiker, den man in- und auswendig zu kennen glaubt, aber auf diese Art eben noch nie gehört hat.

Ein ähnlicher Effekt zieht das Publikum bei einem Stück aus dem Jahr 1897 in den Bann: beim „Mississippi Rag“, dem ersten Ragtime, der überhaupt in in Noten vorlag. Eine im Grunde einfache, aber nicht simple Komposition, die ambitionierten Jazzern viele Angebote macht, den Sound anzuschärfen und sozusagen die musikalische Temperatur zu erhöhen. Die Hot Jazzer zeigen in ihrer furiosen Art, dass ein Standrad, der doch schon ziemlich alt ist, überhaupt nicht alt daherkommen muss. Verdienter stürmischer Beifall im vollbesetzten Birdland.