Cécile Verny Quartet | 06.01.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Die Jazzsängerin Cécile Verny und ihre Band aus Freiburg sind, zumindest was den Neuburger Birdland Jazzclub betrifft, ein Phänomen. Seit nunmehr16 Jahren eröffnet das Quartett mit Songs aus der Schnittstelle zwischen Chanson, Jazz und Pop regelmäßig das Jahresprogramm im Hofapothekenkeller nach der Weihnachtspause und niemand kann sich daran erinnern, dass je eines der zweitägigen Doppelgastspiele nicht ausverkauft gewesen wäre.

So ist es auch in diesem Jahr. Manch einer mag sich durchaus gesagt haben: „Cécile Verny? – Kenn ich schon!“ und lieber zuhause geblieben sein, dafür aber lockt die charismatische Vokalistin mit den afrikanischen Wurzeln immer wieder neue Leute an. Ihre Klasse hat sich herumgesprochen und als Saison-Opener eignet sie sich vorzüglich.

„Kenn ich schon?“ – Ja, in der Tat, der Löwenanteil des Programms speist sich tatsächlich aus dem Inhalt des Erfolgsalbums „Of Moons And Dreams“ kurz vor Corona, aber so richtig kennen wird man Stücke wie „Witch“, „New Moon“ oder „Birds In Your Heart/Hear Me Call“ wohl nie. Seit dem letzten Konzert an gleicher Stelle haben sie sich erneut wieder mal verändert. Es wurde an den Arrangements herumgebastelt, hier ein Solo eingefügt, dort am Sound getüftelt. In dieser Hinsicht ist die Band mit Bernd Heitzler (Kontrabass, E-Bass), Andreas Erchinger (Klavier, Keyboards) und Lars Binder ((Schlagzeug) tatsächlich eine Formation des Jazz, die ihre Liveversionen ständig überarbeitet, ohne freilich die Songs ihres Alleinstellungsmerkmals zu berauben, ihrer poppigen Melodien, in die man sich glatt verlieben könnte.

Der Abend beginnt völlig überraschend mit einer überaus fragilen Version von „Je Ferme Les Yeux“, einer typischen Zugaben-Nummer, die im letzten Jahr denn auch am Ende des Abends stand. Diesmal markiert sie den Anfang, „damit sich der Kreis schießt“, wie Verny sagt. Und dann, in der Folge, breitet sie die ganze Palette ihrer stimmlichen Fähigkeiten aus, und die ist enorm. Vermutlich könnte man ihr auch Neuburgs Telefonbuch zur Interpretation vorlegen und es würde perfekt klingen. Fast unhörbares Flüstern in den intimen Balladen, akustische Wucht in den hymnischen Popsongs, Scatting, solistische Improvisation ohne eigentlichen Text – ihr gelingt alles, vor der Pause mit einigen neuen Songs, die in Neuburg ihre Livepremiere erleben, im zweiten Abschnitt mit echten Krachern und mit deutlich gesteigerter Schlagzahl. Mit den Verny-Klassikern „Top Shelf Life“, „My Steps Their Beat“ und „The Falling Of The Leaves“ nach einem Gedicht von William Butler Yeats, dem lupenreinen Jazz-Standard und auch als solcher interpretierten „The Nearness Of You“, der ebenso lupenreinen Pop-nummer „The Same Dream“, dem balladesken „The Garden Of Love“ nach William Blake.

Während der ersten Stücke des Konzerts mag der ein oder andere im Birdland-Gewölbe vielleicht noch „nur“ beeindruckt sein, bis zum Ende nach zwei Zugaben jedoch ist man dieser bei aller Entspanntheit doch so zwingenden, auch an leisesten Stellen noch pulsierenden und groovenden Musik regelrecht verfallen. Ginge es noch zwei Stunden so weiter, man hätte absolut nichts dagegen. Cécile Verny und Band: Auch beim 16. Mal wieder ein überaus gelungener Einstieg ins neue Konzertjahr.