Cécile Verny Quartet | 11.01.2019

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Was macht die Faszination dieser Sängerin Cecile Verny aus, warum zählt die Charismatikerin mit den französisch-afrikanischen Wurzeln weltweit zur ersten Garde des Soul, des Folk und auch des Pop, wenn man darunter nicht nur leichte Unterhaltung versteht? Wer im voll besetzten Birdland-Keller Cecile Verny erlebt hat, der weiß, woher der Ruhm kommt.

Die Französin nimmt vom ersten Ton an ihr Publikum auf eine sanfte Art voll hinein in ihre Welt. Aus dem Nichts heraus wird die hingehauchte Melodie zu einer samtigen Linie, mit geschlossenen Augen und sparsamen, geschmeidigen Bewegungen wirkt sie wie entrückt, und hat doch eine sehr präsente Ausstrahlung. Cecile Verny ist stark in den lyrischen Songs, in den Balladen – wie etwa in dem Stück „Meine Zukunft ist davongeflogen“. Das ist Jazzpoesie, das ist bester Soul, starke Gefühle wie Ratlosigkeit, Traurigkeit und trotzige Zuversicht werden erlebbar.

Verny ist genauso überzeugend, wenn es in Songs wie „Keine Identität“ geradezu aus ihr herausbricht, mit Schärfe in der Stimme, mit hilflosem Zorn, manchmal bis an die Grenzen jener Lautstärke, die das Gewölbe im Birdland gerade noch verträgt. Das Stück interpretiert die Hoffnungen von Migranten aus Westafrika auf ein besseres Leben in Frankreich, ihre Illusionen und Bitternis. Wenn sie selbst keine Identität mehr spüren und auch in den Augen der Einheimischen keine Identität gewinnen, weil sie gar nicht gesehen werden. In diesem Song treibt Verny ihre Stimme manchmal in eine Intensität, die kaum auszuhalten ist. Das packt und fordert die Zuhörer.

Musik ist eine universelle Sprache ohne Worte, und eben deshalb größer und tiefer als jede noch so engagierte verbale Abhandlung eines noch so wichtigen Themas. Wenn es gute, wenn es wahre Musik ist und wenn die Akteure ihr Werkzeug beherrschen, sei es die menschliche Stimme, ein Piano, ein Schlagzeug, ein Kontrabass oder eine vier- bzw. fünfsaitige E-Bassgitarre. Alle diese Instrumente brachte die Band aus Andreas Erchinger (p), Bernd Heitzler (b) und Lars Binder (drums) zum Klingen.

Diese Combo begleitet Cecile Verny nicht einfach nur, sie trägt die Sängerin, nimmt die Emotionen der Stimme auf und formt sie in die Sprache der Instrumente um. Die Soloeinlagen von Piano, Bassgitarre oder Schlagzeug sind eher kurz, da tobt sich keiner aus und heimst dann den Szeneapplaus ein. Die Eigenkompositionen wirken dicht, nicht selbstverliebt, in wenigen Takten sozusagen auf den Punkt gebracht.

Das Cecile Verny Quartett hat schon oft in Neuburg begeistert. Diesmal auch mit Uraufführungen gerade erst geschriebener Songs. Darunter ein Lied, das sich mit dem virtuellen Leben, wahnsinnig vielen „Freunden“ und unheimlich aktuellen „Nachrichten“ in der Welt des Internet befasst. Kunstvoll und köstlich kreist dieser Song um die die ewigen Nichtigkeiten, um die stupende Unfähigkeit, im Netz richtig und falsch, wichtig und absolut belanglos noch zu unterscheiden. Ein großer kompositorischer Wurf.