Carlos Bica & Ana Brandao | 01.03.2002

Donaukurier | Elke Böcker
 

Geschichten aus Europa erzählten der Bassist Carlos Bica und die Sängerin und Schauspielerin Ana Brandao im Neuburger Birdland. Jenseits gängiger Jazzvorstellungen bewegten sich die beiden phantasievollen Portugiesen gemeinsam mit Joao Paulo, Katharina Gramss und Valentin Gregor in ungewöhnlichen musikalischen Gefilden. Im ausverkauften Jazzclub sorgten sie für einen südlich temperamentvollen Abend mit höchst eigenwilliger Musik.

Variationen portugiesischer Volkslieder wie „Vai colher a silva“, jetzt „Os dois amantes“, Eigenkompositionen wie „Golden Brown“ von Carlos Bica oder der zu erwartende traditionelle Fado – hier vom Pianisten Joao Paulo – zeigten eine neue und doch entscheidende Seite jazzinspirierter europäischer Weltmusik. Verschiedenste Ausdrucksmöglichkeiten – Musik, Theater, Pantomime – werden zu etwas ganz Eigenständigem vereint. Leichtigkeit trifft auf Melancholie, Tradition auf Improvisation und Musik auf Visualität.
Eine stimmgewaltige Ana Brandao verwandelt sich ständig pantomimisch und erzählt dabei mit komödiantischem Talent lebensnahe Geschichten, so z.B. in „Mira me Bebe“: Mit wenigen Requisiten, einer Brille, einem langen schwarzen Rock und einem Wollschal verwandelt sich Ana Brandao in eine verlassene, hintergangene, verprügelte und wütende, doch noch immer liebende Frau. Das Publikum schluchzt mit, freut sich an der komödiantischen Inszenierung, die Ana Brandao noch mit einem europäischen Kauderwelsch aus Englisch, Deutsch und Portugiesisch garniert.
Carlos Bica zeigt mit seinem Bass Landschaften und Stimmungen, malt Kulissen und beeindruckt mit brillanten Soli. Vor allem sein bogentechnisch perfektes Spiccato fasziniert. Das musikalische Projekt „Diz!“ (Sprich!), das Bica im Auftrag der Expo 98 in Lissabon konzipiert hat, lässt Raum für Improvisation und spontane Interaktion. Die für den Jazz ungewöhnliche Besetzung mit den beiden Streichern Katharina Gramss an der Violine und Valentin Gregor an der Bratsche und dem Pianisten Joao Paulo ermöglicht in kommunikativer Dichte Klangbilder von eindringlicher Emotionalität zwischen Folklore, Jazz, Klassik und neuer Musik.