Carla Cook Quartet | 04.02.2000

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Da konnten die Vorschußlorbeeren gar nicht groß genug ausfallen. Das Carla Cook Quartet bot im ausverkauften Birdland Jazzclub eine gültige Momentaufnahme der Möglichkeiten modernen Jazzgesangs. Eine der derzeit besten weiblichen Stimmen des Jazz startete überzeugend in ihre Deutschland-Tournee.

Nicht von ungefähr wurde sie kürzlich für einen Grammy als beste Sängerin nominiert. Carla Cook hat eine souveräne Altstimme, die zwar weniger durch Fülle, um so mehr jedoch durch Klarheit, Wärme, Ausdruckskraft, perfekte Intonation und variantenreiche Phrasierung überzeugt. Dabei kann sie sich auf ihre hohe Musikalität ebenso verlassen wie auf eine unmittelbare Spontaneität und Fröhlichkeit.

Begleitet wird Carla Cook vom einfühlsamen Andy Milne am Piano, dem erdig grovenden Vashon Johnson am Baß und dem – zuweilen übermotiviert – druckvoll akzentuierenden George Gray am Schlagzeug.

Carla Cook überzeugt mit der richtigen Mischung aus Nähe und Distanz, relaxtem Feeling und knisternder Spanung, vor allem aber mit ihrer ehrlichen unmittelbaren und unverstellten Stimme. Tief in der Tradition des Great American Songbook verwurzelt zieht Carla Cook gleichzeitig alle Register des Zeitgenössischen, scheut nicht gelegentliche Ausflüge in die Popmusik oder den Gospelsong und bietet so einen ausgesprochen abwechslungsreichen Abend.

Zahlreich sind ihre Inspirationen, von Frank Sinatra über Marvin Gaye bis hin zu Miles Davis ziehen sich ihre Wurzeln. Bei Carla Cook klingt sogar Neil Young´s schmalziges „Heart of Gold“ erträglich und wieder richtiggehend lebendig. Im „September Song“ fängt sie einfühlsam die ambivalente Stimmung des Daseins zwischen den Jahreszeiten ein, Abschied und Sehnsucht, Blicke auf die ersten Morgennebel und Tanken der vorherbstlichen Sonnenstrahlen. „So what“, ihre Hommage an Miles Davis, kommt klar, knapp, präzise und funky auf den Punkt. „The way you look tonight“ geht mit cool-lässiger Baßbegleitung in unnachahmlich swingender Zweisamkeit unter die Haut. Das gospel-inspirierte „Hold to God´s unchanging Hand“ gibt denen Recht, die behaupten, daß eine der wesentlichen Kraftquellen der amerikanischen Popularmusik in der Kirche liege, und Marvin Gayes „Inner City Blues“ kommt in authentisch irdischer Intensität. Carla Cook schlägt einen großen Bogen. Sie kann es sich leisten.