Es war ein Abend leiser, bezwingender Magie, der sanften Einheit der Gegensätze, der großen Kunst. Sheila Jordan, Grande Dame des Jazzgesangs, gab sich die Ehre im Birdland Jazzclub, zelebrierte mit leisen Sinnen wunderbaren Jazz der reinen Lehre.
Ihr gebührt reichlich Platz in den einschlägigen Lexika. Sheila Jordan hat in den fast sechs Jahrzehnten ihrer sehr bemerkenswerten Karriere mit den Großen des modernen Jazz zusammengearbeitet und wesentlich dazu beigetragen, dass die Moderne des Jazz mit ihrem experimentierfreudigen Freiheitsdrang auch im Jazzgesang ankam. Im Reich der Standards des Great American Songbook ist sie ebenso daheim wie in den Gefilden des freien Jazz, die sie gleichermaßen mit der Kunst ihres unnachahmlichen Scatgesangs durchstreifte. Das alte Liebeslied „It’s You or No One“ singt sie ebenso lebendig wie ihre eigene Hommage an einen der Großen der freien Spielweise, Don Cherry, den sie ehrt mit „The Art of Don“. Dass die Stimme einer über 80jährigen nicht mehr über die unmittelbare Spannkraft der Jugend verfügt, zuweilen ein wenig Brüchigkeit durchs Timbre schimmern lässt, versteht sich. Dass die Stimme Sheila Jordans in keinster Weise an swing, Genauigkeit, Intonationssicherheit und fesselnder Präsenz eingebüßt hat, ist wahrlich nicht selbstverständlich. Und bei aller Erfahrung: Nichts von dem, was sie singt „For Daddy and Danny“, Here and Now“, „O Henry“ oder „Morning Song“, ist in Routine gefangen, alles atmet den Reiz spontaner Musikalität und gedanklicher Frische.
Von beeindruckender Intensität ist dabei die Musik des Trios um den Bassisten Cameron Brown, mit dem sie seit 2003 auch im Duo zusammenspielt. In Browns Händen wird der Kontrabass zum sanften Riesen, der mit weich singender Stimme das Geschehen auf der Bühne in Harmonie und Groove verankert. Von Don Byron, dem sensationellen Klarinettisten und Tenorsaxophonisten hätte man mehr hören mögen, seinen samtweichen, gefühlvollen Sound genießen, die phantasievolle Melodieführung, die stets spannungsvolle Phrasierung, die abgeklärte Intelligenz seines Spiels und den augenzwinkernden Humor, nicht zuletzt bei einer kleinen Gesangseinlage. Drummer Tony Jefferson spielt in Begleitung und Solo stets melodiebezogen, erfreut mit sanftem swing wie unaufdringlicher, sehr präziser Rhythmusarbeit und überrascht im Duett mit Sheila Jordan auch mit einer veritablen Singstimme nicht nur bei Charlie Parkers „Scapple from the Apple“.