Brian Lynch Quartet | 11.10.2002

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Die Rising Star Serie hat es schon immer in sich: Wer hier zum Zuge kommt, kann davon ausgehen, alsbald in die höheren Sphären des Jazz-Olymps aufzusteigen. Mit dem Trompeter Brian Lynch präsentierte der Birdland Jazzclub nun einen Musiker als Rising Star, der seinen Platz auf dem Stockerl eigentlich schon sicher hat.

Hoch motiviert, mit bestechend klarem Ansatz und nahezu unausschöpflicher Energie produziert Brian Lynch auf der Trompete stupend brillante Seiltänze auf schmalem Grat zwischen Tradition und Moderne. Der dem Rising-Star-Alter eigentlich längst entwachsene 46jährige ist lange genug bei Art Blakeys Jazz Messengers in die Lehre gegangen um die Auseinandersetzung mit den Vätern in die eigenständige Sprache an seinem Instrument bewusst einzubeziehen: Die „Bus Stop Serenade“ widmet er dem flüssigen Lyrismus Kenny Dorhams, einem der großen Trompeter des Bebop. Einen seiner Vorgänger bei Blakey ehrt er mit dem quirlig lebendigen „Woody Shaw“, einen weiteren seiner Heroen mit dem Titel „Tom Harrell“. Lynchs Tonbildung beherrscht in einem reichen Spektrum an Möglichkeiten jede Schattierung von kühlem Understatement bis hin zu hitziger Rastlosigkeit, von ruhigem Fluss bis zu splendiden Highnotes, vom Hardbop bis in die Karibik. Der Trompeter erschöpft sich jedoch keineswegs in der Präsentation eines eklektischen „Tribute to the Trumpet Masters“, sondern verleiht der Hommage gekonnt und souverän seinen eigenen Atem.
Die Band mit Hans Glawischnig am Bass, Ricky Germanson am Piano und Neal Smith an den Drums unterstützt das Unterfangen des Leaders mit kongenialer Zuarbeit. Tieftöner Glawischnig entwickelt in flüssig sprudelnder Diktion und klarer Akzentuierung banddienliche Impulse wie frappante Soli von souveräner Vielgestaltigkeit. In nicht ganz nachvollziehbarem Wechsel von Zurückhaltung im ersten und Heftigkeit im zweiten Set unterfüttert und ergänzt Neal Smith am Schlagzeug das Geschehen mit Puls und Punch. Germanson schließlich entlockt dem Bösendorfer bissige Attacke und romantisches Schwelgen, gläserne Arpeggien und lukullische Klangfülle. Alles in Allem: Eine reife Leistung eines hervorragenden Quartetts.