Brian Blade Fellowship | 14.04.2000

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit der Brian Blade Fellowship gastierte ein außergewöhnliches Septett im Birdland Jazzclub. Ein differenziertes Geflecht filigraner Klänge von eindrücklicher Ornamentalität bezog sein Material aus allen nur denkbaren Quellen der Inspiration und startete einen tiefenpsychologischen Erkundungsflug durch das glitzernde Spiegelkabinett des kollektiven musikalischen Unterbewußtseins.

Schlagzeuger Brian Blade hat sich sechs Mitstreiter von starker Individualität und Persönlichkeit zusammengeholt, die sich gegenseitig ergänzen zu einem sehr eigentümlichen gleichwohl homogenen Bandsound. Das grenzt an Rock und Country, birgt psychedelische Elemente, hat Anleihen im guten alten Fusionsound der Siebziger, bleibt dabei jedoch immer eindeutig im Jazz, nutzt dessen Tradition von Bebop bis Free und gibt dieser ganzen Mixtur jene letzten charakteristischen Ingredienzien der einzelnen Akteure, die das eigentliche Abenteuer ausmachen.

Brian Blade hockt mit sardonischer Freude hinter seiner Schießbude, trommelt archaisch dumpf grollende Wirbel, verhängt schwere HiHat-Figuren, aufrüttelnd neben dem Beat liegende Breaks und rockige Rituale, treibt an und setzt die Time. Christopher Thomas legt mit wuchtig pulsierendem Baß eine harmonische und atmosphärische Basis, Dave Easley entlockt der Pedal-Steel-Guitar rotzige slides und schwere Akkorde fern jeder Hula-Hula-Idylle. John Cowerd am Piano überzeugt mit kernig entschlossenem Anschlag, der deutlich akzentuiert und perkussiv jeden einzelnen Ton erklingen läßt, auf der anderen Seite mit fast elegischem Pedaleinsatz. Myron Walden und Donnie McCaslin ergänzen einander an den Saxophonen zu kongenialer Dichte, der eine nähert sich dem Kern der Dinge mit behutsam sinnierenden Skalen und Linien, beschwörend und mit versammelter Energie, der andere attackierend, mit Schärfe und Biß. Unbestrittener Star des Abend ist der Gitarrist Kurt Rosenwinkel. Seine anmutig-nachdenklichen Linien und herb gebrochenen Akkordauflösungen entfalten sich in organischer Dialektik zu zeitübergreifender Schönheit. Mit einer schier unglaublich disziplinierten Konsequenz erforscht er harmonische Möglichkeiten, lotet sie beharrlich aus und kommt ihrem Geheimnis immer dichter auf die Spur.

Die Zuhörer im wiederum ausverkauften Birdland erlebten eines jener besonderen Konzerte, bei denen ein Zauber in der Luft liegt, dessen Einzigartigkeit noch lange im Bewußtsein haften bleibt.