(20.12.2002)
Dr. Tobias Böcker, „NR“
Weihnachtszeit im Neuburger Jazzclub: Vor den Auftritt der Birdland Jazz Band setzt Impressario Manfred Rehm in der Programmgestaltung traditionell auf die leisen Töne. Diesmal gaben sich Oscar Ferreira und Martin Müller die Ehre mit Brazilian Guitar Duos.
Das Spiel der beiden so delikat virtuos wie subtil aufeinander abgestimmt und mit improvisatorischer Finesse agierenden Meister der Akustikgitarre entrücken die Zuhörer der Zeit und entführen sie um den halben Globus. Sanfter Bossa nova regiert im Keller unter der Hofapotheke des winterlich trüben Neuburg an der Donau, jener Stil, der in den 50er Jahren aus der Begegnung von Samba und Cool Jazz entstand und Rio de Janeiro für einige Jahre zum Mekka der Jazzer werden ließ. Kompositionen von Antonio Carlos Jobim, darunter mit „Desafinado“ auch jenes Stück, das seinerzeit eine fast hysterische Bossa-Welle auslöste, Milton Nascimento, Baden Powell oder Oscar Ferreira selbst, Lieder mit und ohne Worte, hauchzart, sanft und von nachdrücklicher innerer Kraft verzaubern das Publikum mit ihren an der Oberfläche so schlicht erscheinenden, bei näherem Hinhören höchst anspruchsvollen Melodien und Harmonien. Das brasilianische Portugiesisch in seinem sprachmelodiösen Klangreichtum verleiht den Liedern in der weichen Stimme Oscar Ferreiras jene melancholische Heiterkeit, die den Bossa nova so liebenswert leicht und so nachhaltig ernst zugleich erscheinen lässt. Die an Bildern überreichen Texte, von Martin Müller jeweils in deutscher Übersetzung vorgetragen, vermitteln in ihrer Symbolik Stimmungen und Tiefe. Da lohnt es sich innezuhalten, Zeit zum Zuhören mitzubringen, der Hast eine Rast zu gönnen und sich zu freuen auf das Licht der bevorstehenden Heiligen Nacht, in Rio wie am Oberlauf der Donau.