Brad Leali – Claus Raible Quartet | 13.05.2006

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Da lacht das Herz des Puristen! Lupenreinen Bebop in lebhaft-kreativer Traditionspflege zelebrierte das Brad Leali – Claus Raible Quartet im Birdland Jazzclub, sehr zur Freude jener Jazzkenner und -fans, die der Authentizität der Erinnerung swingende Genugtuung abgewinnen.

New York, Minton’s Playhouse in Harlem Anfang der 40er Jahre: Eine Handvoll Musiker, die sich den engen Vorgaben der Arrangements in den großen Swing-Orchestern nicht mehr beugen mögen, entfesseln die Musik, erfinden den Jazz neu, melodisch, harmonisch, rhythmisch, atmosphärisch. Dizzy Gillespie steht für diese Zeit des beginnenden Modern Jazz, der Jack Kerouac ein literarisches Denkmal setzte, Charlie Parker, Kenny Clarke, Charlie Christian, Theolonious Monk, auch Bud Powell. Letzterem vor allem und seinem perkussiven Klavierstil hat sich Claus Raible musikalisch an die Fersen geheftet: „Ich kenne niemanden, der ein solches Feuer hat. Der Sound, die Phrasierung, alles ist schlichtweg faszinierend. Wenn man die richtigen Aufnahmen erwischt, das ist einfach phänomenal.“ Raibles Spiel ist dabei keine blinde Kopie Powells; der Münchener Pianist hat alles drauf, was zur pianistischen Oberliga gehört, melodische Unvorhersehbarkeit, harmonische Finesse, rhythmische Kurventreue und Prägnanz im Anschlag. Mit Brad Leali verbindet Raible eine langjährige musikalische Freundschaft. Der New Yorker Altsaxophonist besticht durch einen ungemein sauberen Ansatz, rhythmische Passgenauigkeit, einen offensiv-zupackenden, dabei nie aggressiven flüssig-süffigen Sound, verbindet die Hitze der Nacht mit der Coolness abgeklärter Sophistication. Alvester Garnett an den Drums powert mit motiviertem Groove, legt eine um die andere Bombe in die Snare, spielt melodiebewusst, beweglich, druckvoll, präsent und präzis ohne je zu überziehen. Und wer würde sich nicht einen Bassisten wünschen wie Giorgios Antoniou, der mit Augenmaß und Verve die Fundamente legt, Akzente setzt und den Laden zusammenzuhalten weiß? Diverse Sterne für ein auch in der Dramaturgie ausgezeichnet gelungenes Konzert aus der Tiefe der Zeit!