Bobo Stenson – Mike Mainieri | 21.11.2014

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

„Musik wird nicht mit den Händen gemacht, sondern mit den Ohren.“ BR Musikredakteur Roland Spiegel zitierte dieses Bonmot in seiner Anmoderation und bat auch gleich zur Probe aufs Exempel. Mike Manieri und Bobo Stenson, zwei Spezialisten der feinen, leisen Töne, gaben sich die Ehre im Neuburger Jazzclub zum siebenten, vorletzten Konzert des diesjährigen Birdland Radio Jazz Festivals.

Da ging es weniger um Profil als um Komplementarität, darum, Räume zu schaffen für den schöpferischen Dialog in gegenseitigem Respekt und achtsamem Zutrauen, „Alone Together“. Kein Friede, Freude, Eierkuchen freilich, weder smooth noch trendy, sondern immer wieder auch fordernd, animierend, inspirierend, nicht zuletzt für die Ohren des andächtig lauschenden Publikums.

Beide Musiker sind bedeutende Stilisten der zeitgenössischen Jazzszene, der 76jährige Vibraphonist Mike Manieri auf der Nahtstelle zu Fusion und anspruchsvoller Popmusik, längst auch den „Northern Lights“ verfallen, der schwedische Pianist Bobo Stenson, auch schon siebzig Lanze zählend, im Grenzgang zur Klassik nahen, kargen Empfindsamkeit Nordeuropas. Beide bevorzugen sehr transparente, helle Klangfarben und weiche Spannungsbögen in sacht dosierter Dynamik und immer Melodie betonter Kreativität.

Da kann, darf und soll auch Reibung entstehen im musikalischen Zwiegespräch, und Spannung entsteht immer wieder im atmenden Miteinander der beiden, jene Spannung, ohne die jede Utopie nutzlos wäre: „Somewhere“, eine der schönsten Weisen aus Leonard Bernsteins West Side Story, zeitlose, sehnsüchtig unerfüllte Hommage an Frieden und Versöhnung.

Kaum zu glauben, dass die beiden sich zwei Tage zuvor erstmals getroffen haben, in Neuburg erst das zweite gemeinsame Konzert geben, so sensibel, empathisch und zuvorkommend gehen sie aufeinander ein in blitzgescheiter Spontaneität. Django Reinhardts „Nuages“, ein Song, der Mike Manieri seit frühester Kindheit begleitet, wird in der Interpretation der beiden behutsam beleuchtet zu einem in allen Facetten nur so funkelnden, glänzenden Juwel.

Kaum jemand wähnt Mike Manieri und Bobo Stenson auf verschiedenen „Islands“, dazu ist die Schnittmenge der beiden zwischen Klassik, Blues, Jazz und moderner improvisierter Musik zu groß. Beide sind sie in feinen rhythmischen Verschiebungen und harmonischen Grenzgängen „on the trail“ mit Musik für weit offene Ohren.