Bobby Hutcherson Quartet | 11.11.2009

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Es gibt sie noch, die leisen Momente, in denen aus der Zeit die pure Schönheit bricht. Bobby Hutcherson im Birdland Jazzclub: Swing, Eleganz, Flair, wie es nur wenige zu zaubern verstehen.

Ganz leise beginnt der Altmeister des Vibraphons mit glockenreinen, zarten Klängen von feengleicher Leichtigkeit in der Ballade „Wise One“. In meisterhafter Dosierung bleibt Hutchersons Anschlag federweich auch im Uptempo von „Like Sonny“, im spannungsreichen Klanggeflecht von „Equinox“ oder in der heftigen Intensität von „Spiritual“. Der 68jährige Wegbereiter für das moderne Vibraphonspiel tupft mit elastischen Schlegeln gerade so stark aufs Metall, dass ein punktgenau kristalliner Ton entsteht, zugleich jedoch mit so sachtem Gefühl in den handgelenken, dass die leisen vibratolosen Töne durch nichts überlagert werden. Sie schweben durch den Keller, entfalten sich zu brillanter Klarheit, verwandeln nicht nur in „Dear Lord“ die kühle Sprödigkeit des Metalls in wärmende Empfindung. Hutchersons Spiel ist dabei fern jeglicher Sentimentalität und bar der Gefälligkeit. Dass er ein Pionier der Avantgarde war, ist in den Feinheiten herauszuhören, selbstredend auch am Repertoire zu erkennen, dass ganz einem seiner frühen Helden gewidmet ist: John Coltrane, von dessen Spiel und Spiritualität Hutcherson erkennbar beeinflusst ist.

Fast vergäße man die exzellenten Musiker an Hutchersons Seite, die in fast sensationell sensiblem Zusammenspiel ein homogenes Quartett vervollständigen. Der phänomenale Eddie Marshall am Schlagzeug ist seit über 30 Jahren mit Hutcherson musikalisch verbandelt. Er, Joe Gilman am Piano, Glenn Richman am Bass und Hutcherson selbst spielen in blindem Verständnis und höchstem Einvernehmen zusammen, als wären sie von klein auf miteinander aufgewachsen. Solches Einfühlungsvermögen hat auch im Birdland Seltenheitswert. Jazz von seiner besten Seite: Individuell und gruppendienlich, cool und glutvoll, swingend und modern, phantasievoll und empathisch! „S’Wonderful!“