Bob Degen Trio | 16.05.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Als „musicians musician“ gilt ein Insidertip, der unter Kollegen und Kennern hohe Achtung genießt und große Nachfrage erfährt, der jedoch der Aufmerksamkeit des großen Publikums entschlüpft. Letzteres zu Unrecht, wie im Falle von Bob Degen gesagt werden muss. Der Pianist gab sich nach einigen Gigs als Teil des Heinz Sauer Trios nun mit seinem eigenen Trio im Neuburger Birdland die Ehre.

Der Amerikaner aus Lexington, Kentucky, der in selten gehörter subtiler Versiertheit das Reich der 88 Tasten durchmisst, gibt ein Beispiel für jene komplexe Finesse, die dem Format des Pianotrios spätestens seit den Tagen des ersten Bill Evans Trio zu eigen ist. Aber es würde zu kurz greifen, Bob Degen auf die Nachfolge des großen Pianisten festzulegen. Dazu ist sein Spiel zu eigenständig und eigenwillig, schon im Opener, dem Cole Porter Standard „Everything I Love“. Degens „Ode to Sammy Davis jr.“ vereint Nachdenklichkeit, leisen swing und Fingerspitzengefühl zu einer liebevollen Hommage an den großen Entertainer, die sich hinter dem Glamour der Seele annähert. Überhaupt ist Bob Degen kein Mann der lauten Töne oder der spektakulären Tastenakrobatik. Dafür ist sein Spiel jedoch reich an unerwarteten Wendungen, überraschenden Feinheiten, pastellfarbenen Klangbildern, schmetterlingsgleichen Flügen übers Blütenmeer. Lyrik und Intellekt, Herz und Verstand treffen sich in je autonomer Souveränität zu unaufgeregter Ganzheit. Manches erscheint wie hingetupfte japanische Kalligraphie in zarten Linien, offenen Formen und transparenten Dimensionen. Keine großen Worte, keine wuchtigen Blockakkorde, keine virtuosen Zaubereien, dafür in sanftem Auskosten der kleinen Nuancen eine paradoxe „joy in a scene of sadness“. „Cat ability“ dagegen fängt in flotterem Tempo die unnahbare Selbständigkeit und den geschmeidigen Bewegungsfluss der Katzen ein. Im subtilen Fluss der Melodie zeigen sich immer wieder Widerstände, Gegenströme, Strudel und Wirbel, die Elemente sperren sich gegen die allzu leichte Einvernahme. In offenem Dreieck interagieren dazu Peter Perfido am Schlagzeug und Thomas Stabenow am Bass, kultivieren die Kunst des Zuhörens, der Zwischentöne und jener Aufmerksamkeit des Herzens, die aus einer Folge von Klängen und Rhythmen Musik macht.