Bob Degen – David Friedman Quartet | 23.11.2018

Donaukurier | Karl Leitner
 

Bob Degen und David Friedman. Ein Pianist mit feinem, stilistisch überaus differenziertem Anschlag und ein technisch brillanter Vibrafonist, der die perkussive Spielweise bevorzugt. Der eine wurde durch seine Mitgliedschaft in den Bands von Dexter Gordon und Art Farmer bekannt, der andere durch seine Zusammenarbeit mit Leonard Bernstein, Yoko Ono und Bobby McFerrin. Beide sind sie 74 Jahre alt, Amerikaner mit Wohnort Deutschland und immer noch hungrig aufeinander und auf das gemeinsame musikalische Abenteuer. Was also würde passieren, wenn man sie aufeinander losließe und sie gemeinsam mit dem Schlagzeuger Peter Perfido und dem Kontrabassisten Markus Schieferdecker auf eine Bühne stellte? Auf die des Birdland Jazzclubs in Neuburg etwa?

Nun, überaus mutig stürzen sie sich gleich zu Beginn in eine Kollektivimprovisation, bei der schier alles möglich ist und man erst einmal verwundert die Stirn runzelt, eines aber sofort deutlich wird. Beide sind Verfechter des Call And Response, also des aufeinander Hörens, Eingehens und Reagierens. Im zweiten Set des Abends wird dieser freie Faden mit Ornette Coleman’s „Lonely Woman“ noch einmal aufgegriffen, für den Rest des Programms aber gelten andere, speziell für dieses Quartett entwickelte Spielregeln. Zum Beispiel die, ein Stück wie „Joy In A Scene From Sadness“ erst einmal verspielt zu beginnen, um es dann umso mehr Fahrt aufzunehmen zu lassen. Oder die, anlässlich der Bob Moses-Nummer „Devotion“ flächig schwebende Klangwolken ganz bewusst in Kontrast zu setzen zu dem rhythmisch markanten, kraftvollen Zugriff Friedman’s. Oder die, mit „Etosha“, einer Eigenkomposition Degen’s, zwar an den typischen Klang früher ECM-Produk-tionen mit Gary Burton zu erinnern, ihn aber nicht blindlings nachzuahmen.

Hier treffen ein Ästhet mit Liebe zu filigranen, fragilen Figuren und ein kräftig zupackender Virtuose, ein Bassist mit Vorliebe für Charles Mingus und ein Spezialist für Beckensounds am Schlagzeug aufeinander und lassen das Publikum im Birdland teilhaben an einer amerikanisch-deutschen Koproduktion, bei der alle Beteiligten nicht nur bestens aufeinander abgestimmt agieren, sondern deutlich zutage tritt, dass sich lyrische Momente und mitunter durchaus kantige Rhythmuspatterns durchaus nicht ausschließen, sondern in ihrer Summe herrliche, entspannte aber eben auch spannende Musik ergeben, was wieder einmal beweist, dass es im Jazz nicht viel gibt, was nicht zusammenpassen würde, solange nur das Mischungsverhältnis stimmt und die Ausübenden echte Könner sind. So wie im Fall des „Bob Degen-David Friedman Quartets“ eben. Wer sich aufraffen konnte und an diesem Abend den Weg ins Birdland gefunden hatte, kam wahrlich auf seine Kosten.