Bill Carrothers Trio | 13.10.2000

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit Rahmen der Rising Star Serie gab das Bill Carrothers Trio seine Visitenkarte im Neuburger Birdland ab. Mit lyrisch-versponnenen Improvisationen, hintergründigem Sinn für Humor und meditativer Interaktion gewährten sie einen Blick in die Zukunft des Piano-Trios.

Musik für Kopf und Gemüt, spinnwebfein und ekstatisch zugleich, mal sperrig und fremd, dann wieder von einer bezaubernden Zartheit – Bill Carrothers musikalische Sprache hat eine imponierende Ausdruckskraft. Da wird „Jordan is a hard road to travel“, ein Lied aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs, zu einer impressionistischen Klanglandschaft mit rhythmischen Verwerfungen und ostinaten Figurinen, eruptiv berstenden Klangschichtungen und verhalten verhangenen Morphemen. „I get along without you very well“ kommt im Piano solo mit einer nahezu vollendeten emotionalen Tiefe, die wirkt, als fließe dieser Standard gerade zum ersten Mal aus den Tasten eines Pianos. Carrothers kriecht fast in sein Instrument hinein, schmiegt sich förmlich an die Tastatur, ein Lyriker, der die Klänge aus dem Piano herausarbeitet, sich bis in die feinsten Verästelungen hinaufbewegt. Der Weg ist das Ziel, trägt sein Wesen in sich, gerade im Jazz: Augenblick und Bewegung, Sammlung und Ausdruckskraft. Auf das Solo des Flügels antwortet ein akustisches Duo aus bass´n´drums. Die beiden haben sichtlich Freude an der Zusammenarbeit, Doug Wise am Bass mit eigenständig-eigenwilliger Grundlinienarbeit, azyklischem Groove und sensiblem Ohr, Dre Pallemaerts mit Ideenvielfalt, komplex ornamentalen Rhythmen und variablen Sounds.

Carrothers, Wise und Pallemaerts führen ins Jahr 2000, was das Bill Evans Trio 1959 begann, lyrische Schönheit und feine Improvisation, fingerflinke Miniaturen und wunderbare Melodien, intellektuell und sensibel zugleich. Da bilden Monk und Mussorgskij, Jarret und Chopin, Bizet und eben Bill Evans ein Sechseck, in dessen Mitte ein Trio seine ganz eigene Sprache pflegt: „Waltz Macabre“. Als Zugabe gab´s eine unerhört eigenwillige Version von „Puttin´ on the Ritz“. Bill Carrothers ist jetzt schon mehr als ein „Rising Star“. Er hat das Zeug, im unüberschaubaren Heer der Pianisten zu einem der ganz Großen heranzureifen.