Bennie Wallace Trio | 23.04.2005

Augsburger Allgemeine | Dr. Tobias Böcker
 

Schon die ersten Töne des im Unisono mit dem Bass vorgetragenen Themas lassen Großes ahnen. Da erklingt ein Tenorsaxophon mit reichem Sound und von unverwechselbarer Intensität. Und der feingliedrige Mann auf der Bühne des Neuburger Birdland Jazzclub legt alsbald los wie die Feuerwehr. Bennie Wallace, Danton Boller und Alvin Queen spielen von Beginn an wie um ihr Leben, setzen den Spannungsbogen ganz weit oben an, verlassen das gesetzte Niveau keine Sekunde.

Es darf schon als eine kleine Sensation gewertet werden, dass Bennie Wallace, einer der letzten wirklichen Giganten am Tenorsaxophon nun schon zum zweiten Mal innerhalb von nur sechs Monaten in dem kleinen Club an der Donau auftritt. Der Mann gehört schließlich zu den begehrtesten Meistern seines Fachs, nicht erst seit er eine überaus erfolgreiche Karriere in den Musikstudios von Hollywood hin schmiss und sich wieder der reinen Lehre der Improvisation widmet. Zuletzt war Wallace im November vorigen Jahres mit einem Nonett im Neuburger Birdland zu hören, erwies dem Ersten aller großen Tenoristen die gebührende Referenz zum 100. Geburtstag: Coleman Hawkins. Nun also im Trio, einer Formation, die keine Nischen bietet, Alles von Allen fordert, individuelle Klasse und genaues Zuhören, punktgenaues Eingehen auf die Mitspieler. Bennie Wallace atemberaubende Linien sind von feuerspeiender Energie, sein satter Sound vereint in nachgerade idealer Balance Luft, Volumen, Substanz und Biss. In halsbrecherischer Akrobatik jagt das Saxophon durch’s Uptempo von „Little Willie Leaps“, verströmt lockeren swing im „Moon Song“ und einer Calypso-inspirierten Version von „It’s Only A Papermoon“, breitet samtige Wärme aus in den Ballade „Willow Weeps For Me“ oder „Somewhere Over The Rainbow“. Eine fast schon unglaublich vital swingende Einheit bilden Danton Boller am Bass und Alvin Queen am Schlagzeug, die sich immer wieder gegenseitig fordern, anspornen, hochpushen, beide zudem hoch versierte Solisten von auch im verwöhnten Neuburg selten gehörter Klasse. Allein die konspirativen Duette der Beiden hätten den Abend gelohnt, um so mehr das von ihnen federnd bereitete Sprungbrett für die Soli des Meisters: Bennie Wallace, eine Musikerpersönlichkeit, deren innovatorisches Geschichtsbewusstsein, sprudelnde Phantasie, frappante Technik und immense Ausdrucksbreite ihn einreiht in die Garde der ganz Großen.