Benjamin Schäfer „Quiet Fire“ | 18.03.2017

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Gegensätze: Leise und laut, melodiös und atonal, Piano und Harfe, Quiet Fire eben, nach außen ruhig, im Innern heiße Glut!
Die kann jäh hochlodern, wenn ein Hauch sich erhebt, wenn die Ruhe irritiert wird und erst nach einiger Zeit der Aufruhr die Oberhand wieder gewinnt.

Ein außergewöhnliches Quintett war da im Neuburger Birdland zu erleben. Dies allein schon, weil sich zum klassischen Jazzquartett aus Saxophon, Piano, Bass und Schlagzeug eine Harfe gesellt hatte mit gläsern zauberhaftem Klang.

Kathrin Pechlof spielte sie mit ungemein inniger Empathie und Konzentration, ganz eins mit dem Instrument, ganz eins mit der Band. Sie gab dem Geschehen einen mal vitalisierend sprudelnden, mal kontemplativen Touch. Das korrespondierte in lebendiger Balance mit dem Piano Benjamin Schaefers. Der primus inter pares der Band spielte den Bösendorfer mal volltönend und überbordend, mal sanft und wie verloren. James Wylies Altsaxophon brachte die Gegensätzlichkeit immer wieder auf den Punkt. Sein vibratoloser Ton erinnerte an die große Ära des Cool-Jazz. Der Neuseeländer, der sich verstärkt auch mit mikrotonaler Musik beschäftigt, reiht sich zugleich ein in die junge Riege zeitgenössischer Saxophonisten der freien Form. Neben sanften Melodien, neben friedvoller Freude und sanftem Fluss erklangen grelle Schreie, harte Kanten und lodernde Kaskaden. Auch Igor Spaletti am Bass hilet zwei Enden in der Hand. Auf der einen Seite schwirrende Schwebe con arco, auf der anderen im pizzicato erdenschwere Kraft. Max Andrzejewski glänzte dazu durch feinste Dosierung und wahren Melodienzauber am Schlagzeug.

So verwundert es nicht, dass die zum Teil weit auskomponierten Stücke ausgesprochen vielgestaltig daherkamen, irritierten und irrisierten in ständigem Wandel. Nicht von ungefähr prophezeite Benjamin Schaefer zu einer Komposition von Eric Satie, der ja einige seiner Werke Musique d’ameublement nannte, „Möbelmusik“, man wolle die Möbel nun doch ein wenig verrücken. Das ist wahrlich gelungen von Icarus bis Nautilus, vom Flug durch die Himmel bis zur Reise unter den Meeren, vom Schrecken des Absturzes bis zum Herzensruhe vermittelnden Mantra. Die Moritat ließ ganz zum Schluss gar noch einen a capella Chorsatz hören. Alles in allem ein Abend voller Spannung, verbunden mit der Einsicht: Es sind die Gegensätze, die Anziehung bewirken.

Einen Mitschnitt des Konzerts sendet BR-Klassik am 16. Mai in der Jazztime um 23:05 Uhr.