Barry Harris Trio | 28.06.2006

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Nur ein paar kleine Andeutungen reichen manchmal um das zu erzeugen, was das Geheimnis des swing ist. Ein leises Ticken des Beats, ein zwei kleine Basslinien, leicht dahin getupfte Akkorde mit sparsamen Auflösungen. Fast wie ein Wunder mutet dann das federleichte Schweben der Musik an. Barry Harris ist einer derer, die das in Perfektion beherrschen. Vielleicht bedarf es ja dazu der 76 Lenze an Erfahrung, die der Pianist aus Detroit nach Neuburg an der Donau mitbrachte.

„There Will Never Be Another You“ ist so ein kleines Wunder, das durch’s Birdland schwebt, selbstverständlich, ohne Faxen, wie gehaucht zuweilen. „Cherokee“ dagegen kommt flüssig sprudelnd, wie die immer junge Quelle eines Gebirgsbachs und ebenso belebend. Dass Barry Harris ein ausgezeichneter Techniker ist, ist jeder Note anzuhören, die er spielt, dass sein Spiel ihn zu einem der anerkanntesten „musicians musician“ der weltweiten Jazzfamilie macht, ist damit nicht allein erklärt. Die Verbindung von melodiösem Empfinden mit einem untrüglichen Gespür für Spannung und Entspannung auf kleinstem Raum, die Aneinanderbindung von kleinen Spannungsbögen zu einem dramaturgischen Ganzen, in dem Bewegung und Ruhe zugleich liegen, das hebt Harris ebenso heraus aus der Legion der Pianisten wie sein leichthändiger Anschlag und seine wie von selbst fließende Phrasierung.

Ein erlesenes Rhythmusgespann mit Douglas Sides am Schlagzeug und Alex Milo am Bass sorgt dafür, dass Harris mit Erdenhaftung versehen bleibt, zurückhaltend im richtigen Moment, präsent und feinsinnig in jeder Sekunde des Konzerts. Barry Harris bringt dazu die Herzen in Bewegung. Ein wahrer Meilenstein in der Reihe Art of Piano, deren 90stes Konzert er bestritt mit leichter Hand, altersreifer Tiefe, großer musikalischer Weisheit und ganz nebenbei auch mit einem unnachahmlichen Talent als sangesmächtiger Entertainer eines hellauf begeisterten und am Konzert aktiv beteiligten Publikums.