Barrelhouse Jazzband & Olivier Franc | 16.03.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Die Barrelhouse Jazz­band zu Gast im Audi Forum? Ja, und das nicht zum ersten Mal, was seine seine guten Gründe hat. Zum einen ist das 1953 in Frankfurt/Main gegründe­te Septett die dienstälteste und zugleich erfolgreichste Band Deutschlands, was Traditional Jazz, New Orleans-Jazz und Swing anbelangt, zum anderen spielt die Band „ihre“ Musik bei jedem Auftritt mit einer erstaunlichen Frische, so dass man diesen Stücken ihr Alter – wüsste man es nicht besser – gar nicht anmerken würde. So klingen hun­dert Jahre Jazzge­schichte, nachdem sie behutsam, liebe­voll und von Meister­hand abgestaubt wurden.

Barrel. – Der Begriff taucht immer dann auf, wenn es um Erdölfördermen­gen geht, ist aber ungleich geschichts­trächtiger. Barrels waren auch die Fässer, aus denen einst in den Kneipen für Afro­amerikaner im Südosten der USA Alko­hol ausgeschenkt wurde. Das geschah in den „Barrelhouses“, berüchtigten Spe­lunken, in denen es ziemlich wild her­ging. Über die Barrelhouse-Pianisten und ihre Mu­sik, eine Art Vorläufer es Boogie Woo­gie, fand er Verbreitung, wurde zu einer frühen Sparte des Jazz, fand später Eingang in die vornehmen Ballrooms der Metropo­len und wurde schließlich auch Namens­geber für die Band, die da an diesem Abend im Rah­men ihrer Jubiläums-Tour zum 70. Ge­burtstag im Audi Forum zu Gast ist.

Immer wieder wird die Bühne in ein schwülstiges Rot getaucht, was – ob Zu­fall oder nicht – ganz gut zum nicht ganz einwandfreien Ruf der einstigen Barrel­houses passt und natürlich auch zu den altehrwürdigen Stücken des Abends. Reimer von Essen (Klarinette, Moderati­on), Frank Selten (Saxophone), Horst Schwarz, Posaune, Trompete), Christof Sänger (Klavier), Roma Klöckner (Ban­jo, Gitarre), Michael Ehret (Schlagzeug) und Lindy Huppertsberg (Kontrabass), die Herren stilecht ausgestattet mit dunk­lem Anzug und blitzblank gewienertem Schuhwerk, kriegen den Spagat zwi­schen dem historischen Vergnügungs­viertel der Crescent City und dem mo­dernen, vergleichsweise doch eher nüch­ternen Ambiente des Audi Forums abso­lut überzeugend hin. Wer für diese Mu­sik schwärmt – und das sind, dem erfreu­lichen Zuschauerzuspruch nach zu urtei­len, nicht wenige – kann an diesem Abend in der Tat ein Vollbad nehmen. Mit Ella Fitzgerald, Duke Ellington, Fats Waller, King Oliver und Jelly Roll Mor­ton sowie „The Muscrat Rumble“, „Ca­ravan“ und dem „Royal Garden Blues“ ist das Programm gespickt mit großen Namen und legendären Kompositionen, in dem einzig Paul McCartney’s „Let It Be“ wie ein Fremdkörper wirkt.

Auf den Gast des Abends, den Sopran­saxofonisten Olivier Franc aus Paris trifft das hingegen absolut nicht zu. Wenn er den Schwerpunkt auf Sidney Bechet, dessen „Petite Fleur“ und von ihm früh adaptierte Klassiker wie Gershwin’s „Summertime“ legt, geht förmlich ein Ruck durch die ganze Mannschaft, die Intensität der Per­formance erreicht ein neues Level und es stellen sich Momente ein, in de­nen die Band tatsächlich – recht gut pas­send zum „Barrel“ im Namen – ein Fass aufmacht.