Antonio Faraò Trio | 10.02.2023

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Unendlich viele Möglichkeiten bergen die 88 Tasten. 237 mal war Art of Piano bereits in ungemein abwechslungsreicher Bandbreite im Birdland zu erleben. Bei der 238. Auflage verzauberte nun der Mailänder Pianist Antonio Farao das Publikum im Jazzkeller.

Man kann so Klavierspielen oder so. Man kann das Klavier singen lassen, säuseln und introspektive Poesie behutsam nach außen kehren. Man kann es krachen lassen, laute Cluster schlagen, Blockakkorde in den Saal wuchten, man kann Ecken und Kanten überspringen, dem Swing die Sporen geben.

Oder man kann Klavierspielen wie Antonio Farao: Einfach die Musik so fließen lassen, dass die Seele tanzen lernt, fantasievoll, vital und in unermüdlicher Beweglichkeit, nie fad‘, nie konventionell, nach welcher Konvention auch immer die Orientierung sich richten mag, immer voller Leidenschaft, Konzentration und Temperament, springlebendig sprudelnd.

Es ist eine hohe Kunst, alle Tricks zu beherrschen und sie doch nicht zur Schau zu stellen. Antonio Farao schöpft die ganze Bandbreite des Pianos aus. Manchmal purzeln die Töne einfach aus der Tastatur, rieseln wie kleine Steinchen, schweben wie Federn oder tänzeln auf seidenweichen Sohlen in die Nacht. Dann wieder geht die Post ab mit galoppierenden Pferden, schleudert der Flügel die Energie nur so von sich im brausenden Lauf, voll von übermütigem Ungestüm, schier gar nicht zu stoppen, um schließlich wuchtig und schwer atmend zu verharren vor neuem Anlauf.

Antonio Farao verfügt über eine stupende Technik, eine ungemein variable, zu feinster Schattierung fähige Anschlagskultur und ein pianistisches Repertoire, welches die komplette Moderne des Jazz in sich zu vereinen scheint.

Seine beiden Begleiter klingen wie einer, spielen wie aus einem Guss, Yuri Goloubev am Bass in wieselflink feingliedrigem Hummelflug, agil und wendig, Vladimir Kostadinović am Schlagzeug als omnipräsent brillanter Impulsgeber, Energiespender und rhythmischer Motor des prickelnden Geschehens.

Wieder ein toller Beitrag zur hoffentlich wirklich unendlichen Geschichte der Art of Piano im Neuburger Birdland.