Anna Lauvergnac gibt die Devise für das Konzert ihres Quartetts im Neuburger Birdland Jazzclub frühzeitig selbst vor. Um die Liebe wird es gehen in den nächsten knapp zwei Stunden, um Lieder zu diesem immerwährenden Thema, weil die Sprache der Musik universell sei und überall verstanden werde und damit auch das, worum es inhaltlich gehe.
Zu Beginn des Abends hat man fast den Eindruck, Anna Lauvergnacs Stimme sei angeschlagen. Seltsam „belegt“ wirkt sie und fast schwerfällig kommt einem die Intonation vor. Ab dem dritten Song, einer sehr gelungenen Version von Gershwin’s „It Ain’t Necessarily So“, ist dieser Eindruck plötzlich wie weggeblasen. Als hätte die Sängerin den Songtitel irgendwie wörtlich genommen. Lauvergnac, geboren in Triest, lange Jahre Vokalistin beim Vienna Art Orchestra, hat sich als Begleitband das Claus Raible Trio ausgesucht mit Raible selbst am Klavier, Giorgos Antoniou am Kontrabass und Xaver Hellmeier am Schlagzeug, eine seit Jahren bestens eingespielte Truppe also und somit ideal geeignet für den ihr zugedachten Part.
Lauvergnac, ausgestattet mit einer tiefen, sonoren, warmherzigen Stimme, singt auf eine Art und Weise, die zu Herzen geht. Nichts Oberflächliches, Vordergründiges findet man in ihren Interpretationen fremder wie auch eigener Stücke. Wenn man sie hört, spürt man gleichzeitig Verlässlichkeit, Vertrauen, tiefe Verbundenheit, Ehrlichkeit, reifen Umgang mit dem Thema, nie künstliches Girlie-Gehabe. Hier ist jemand am Werk, der als Künstlerin glaubwürdig ist und einem Thema Glaubwürdigkeit verleiht, das eigentlich, nachdem sich Hinz und Kunz in der Musikbranche fortwährend mit ihm beschäftigt hat, oft allzu abgedroschen wirkt. Nicht in diesem Fall. Bei Lauvergnac ist Inhalt wichtiger als Pose, eine ausdrucksstarke Stimme wichtiger als ein rekordverdächtiger Tonumfang.
Ähnliches gilt auch für Claus Raible. Der war schon oft – in unterschiedlichen Missionen – im Birdland zu Gast, bleibt aber immer er selbst. Auch er legt sein ganzes Herzblut in sein Spiel – weswegen sich er und seine Partnerin ja auch so gut ergänzen – , garniert das aber mit seiner typisch lässigen Coolness, die sich schon allein darin ausdrückt, wie er auf seinem Stuhl mit Lehne sitzt, sich nach hinten zurücklehnt, seine rechte Hand wie im Sturzflug auf die Tastatur hernieder sausen lässt, als Arrangeur jedem der von ihm überarbeiteten Songs ein eigenes, individuelles Markenzeichen, eine Akkordfolge, eine melodische Begleitfigur quasi auf den Leib schreibt, ihn ohne Copyrightverletzungen sozusagen zu seinem eigenen macht. „Close Your Eyes“, When The Earth Stood Still“ und Ella Fitzgerald’s „Too Close For Comfort“ kann man ebenso als Beispiele heranziehen wie „Lullabye Of The Leaves“ und „Lover Come Back To Me“. Und als Band und Vokalistin zum Ende hin dann auch noch mit dem „Blow Top Blues“ und dem „Hum Drum Blues“ auf absolut souveräne Art in das seelenverwandte Nachbargenre des Jazz hineinschnuppern, kann man trotz anfänglicher Probleme von einem überaus gelungenen Konzert mit zeitloser und doch individuell auf diese Besetzung zugeschnittener Musik zu einem sich nie erschöpfenden Thema sprechen. Ein in sich stimmiger, überaus angenehmer Abend.