Andreas Willers Quintett | 26.10.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Wenn das Schlagzeugfell oder das Becken mit dem Stickende gestrichen singt, bevor es seiner eigentlichen (?) Bestimmung um so intensiver zugeführt wird, weiß der Zuhörer, aha: Avantgarde! Das Andreas Willers Quintett entfaltete im Birdland Klangräume zwischen den Zeilen sonstiger Hörgewohnheiten und in wohltuender Entfernung vom Mainstream.

Der Start der „Enduro“ bewegt die schwere Maschine quer durch’s Gelände. Andreas Willers, Dominique Pifarely, Matthias Schubert, Horst Nonnenmacher und Michael Griener lassen mit Noise & Toys die sonstigen Verkehrteilnehmer nur so erzittern, heben ab und fliegen förmlich im Kreuzverkehr von Gitarre, Geige, Saxophon, Bass und Schlagzeug über die Landkarte, deren Konturen nur mehr vorbeiwischen. Das ist was für Quereinsteiger und für die wahren Fans; wer lang genug bleibt, dem erschließt sich freilich die frappante Logik eines Prozesses permanenter analytischer Destruktion gewohnter Gleise und gleichzeitiger Neuerrichtung klangarchitektonischer Phantasie, ein Inferno aus „Statik und Penetranz“. Das klingt nach einer Mischung aus Expressionismus, Punk und Versatzstück, archaischer Kollektivimprovisation und grenzgängerischer Essenz des Hardcore. „Fraud“ und der „Mythos Berlin“ mit seinen vielen Baustellen entlarven in Waltz und Punk den schönen Schein wie die Zitate der Zyniker. Das reizt, reisst auf, rastet aus dem Raster und tut gut. Ganz zum Schluss erinnern die fünf Freunde noch an die Schönheit orientalischer Musikalität. Gerade jetzt und jetzt gerade!