Alvin Queen Quartet | 11.05.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Zugegeben, die Entscheidung, das erwartete und kürzlich auch auf CD veröffentlichte Programm „O.P. – A Tribute To Oscar Peterson“ mit Stücken aus der Feder des berühmten Jazz-Giganten nicht zu spielen, muss Alvin Queen, Petersons Partner bis kurz vor dessen Tod, bereits im Vorfeld getroffen haben. Nachdem das klargestellt ist, gestaltet sich der Abend, den der Schlagzeuger mit seinem Quartett im Neuburger Birdland-Jazzclub bestreitet, hingegen eher spontan. In der Pause darauf angesprochen, ob sich denn nicht wenigstens eine Peterson-Nummer im Repertoire befinde, beantwortet Pianist Danny Grissett denn auch mit einem Achselzucken. „Wir wissen selbst noch nicht so ganz genau, was Alvin noch alles vorhat.“

Der Ablauf der beiden Sets, die Vergabe der Soli an die Mitglieder dieser Ausnahmeband, zu der neben Queen und Grissett auch noch Dezron Douglas am Kontrabass und Jesse Davis am Altsaxofon gehören, die zeitliche Ausdehnung der Stücke und deren Struktur, die eingeflochtenen Zwiegespräche, die Reaktionen auf die Vorgaben des jeweiligen Partners – all das basiert auf spontanen Entscheidungen und sorgt für einen äußerst lebendigen, überaus dynamischen, ja, feurigen Auftritt mit einem stets verschmitzt grinsenden und bestens aufgelegten Bandleader, der seine Jungs mit seinen kraftvollen Beats vor sich hertreibt. Was die sich natürlich gerne gefallen lassen und mit manch solistischem Kabinettstückchen quittieren.

Eine sehr gute Entscheidung ist auch, nicht so weiterzumachen wie bei Duke Ellington’s „Caravan“ gleich zu Beginn. Man weiß zwar, dass Alvin Queen ein Kraftpaket mit gehöriger Schlagkraft ist, aber am Anfang scheint es fast so, als wolle er den Rest der Band akustisch in den Boden rammen. Bereits mit den Folgenummern, „East Harlem Moon“ von Dezron Douglas und „Blues For Sluggo“ von Jesse Davis, bremst er sich jedoch selbst ein und demonstriert, dass Power und Drive nicht automatisch mit übermäßiger Wucht einhergehen müssen.

Polyrhythmische Basisarbeit, hochkarätige Solisten, wunderschöne Kompositionen der einzelnen Bandmitglieder, Leidenschaft, Lebendigkeit und Energie. Diese Band läuft im weiteren Verlauf des Abends wahrlich zu grandioser Form auf. Nach der Pause gibt es Momente, in denen man sich einfach nur noch aufschwingen möchte auf die von Bass und Piano immer wieder wunderschön vergegenwärtigten Harmonien, um sich dann forttragen zu lassen vom swingenden Groove und sich zu ergötzen an den ungemein innovativen Soli, die den wahren Könner verraten, der gleichermaßen über blendende Technik und gestalterische Kreativität verfügt und über die Empfindsamkeit, diese Stücke zu einem hochemotionalen Ereignis zu machen. Dass es sich dabei nicht um die Oscar Peterson‘s handelt, ist zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr wichtig. Entscheidend ist vielmehr, dass das Konzert des Alvin Queen Quartets zweifellos als eines der denkwürdigsten der Birdland-Saison 2018/19 in Erinnerung bleiben wird.