Schon als Alvin Queen mit seinem Quartett die Bühne des an diesem Abend voll bestückten Jazzclubs betritt fühlt es sich an wie ein Homecoming für den US-Amerikaner aus New York, der mittlerweile in der Schweiz sesshaft geworden ist. Aus dem Publikum dringen ihnen Begeisterungsrufe entgegen, Queen scherzt mit einzelnen vertrauten Gesichtern unter den Zuschauern. Schon mehrere Male war er im Birdland zu Gast gewesen, wenn auch in unterschiedlichen Besetzungen. Diesmal hat er Jesse Davis (Altsaxophon), Danny Grissett (Piano) und Dezron Douglas (Bass) dabei, die den großen Schlagzeuger bei seinem jüngsten Konzert in Neuburg am vergangenen Samstagabend begleiteten.
Und kaum haben die vier ihre Plätze eingenommen, geht es auch schon fortissimo los; und es kommt gar kein Zweifel auf, wer die Hauptperson an diesem Abend ist. Das ist nicht negativ gemeint, Queen spielt sich nicht unangenehm aufdringlich in den Vordergrund, sondern verleiht seinem Instrument spielerisch so eine Präsenz, dass man gar nicht anders kann, als die Aufmerksamkeit vor allem auf ihn zu richten. Mit seinen 69 Jahren sitzt er mit einem Grinsen im Gesicht auf der Bühne wie ein kleiner Junge im Süßwarenladen. Nur, dass sich in diesem Fall in dessen Regalen kein Zuckerwerk, sondern klingende Soli, treibende Beats, eine durchdringende Snare sowie schellende High Hats und viele strukturierte, hintersinnige musikalische Perlen finden. Manchmal wartet man nur darauf, ihn vor Begeisterung förmlich ein wenig in die Luft hüpfen zu sehen, vor lauter Freude über einen vorangegangenen musikalischen Geniestreich.
Auch wenn die Musik des Quartetts durch die zentrale Bedeutung des Schlagzeugs von Haus aus härter wirkt ist sie doch nicht unharmonisch, sondern swingend lebenslustig und sorgt für eine gehörige Portion Adrenalin. Sie finden die richtige Mischung zwischen Struktur und individuellen Interpretationen, Gefühl und Rhythmik, wildem Getöse der Kombination und feinen Akzenten der einzelnen Instrumente. Die drei anderen lassen sich von ihrem Bandleader keinesfalls an die Wand spielen, sie wagen es, auch eigene Stimmungen zum Ausdruck zu bringen und spielen sich untereinander und mit der Percussion die Bälle zu. Im Zusammenspiel zwischen den Routiniers Queen und Davis mit den verhältnismäßigen Jungspunden Grissett und Douglas liegt Abwechslung und eine gewisse, unterschwellige Spannung.
Die vier interpretieren an diesem Abend Jazz-Standards und Eigenkompositionen. Manchmal wirkt der Jazz des Quartetts dabei träumerisch nostalgisch und schwelgt in Erinnerungen an längst vergangene Zeiten – kurzum: Mainstream-Jazz wie man ihn kaum besser machen kann. Das passt einfach in die traditionelle Stimmung eines Jazzclubs, wie man sie im Neuburger Hofapothekenkeller so schön Wochenende für Wochenende finden kann.