Marian Petrescu & Wawau Adler
„From Django To Oscar“ | 17.05.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Normalerweise bringt man den Namen Josef „Wawau“ Adler mit Gypsy Swing in Verbindung. Normalerweise wohlgemerkt. Nicht so aber bei dessen Konzert im Neuburger Birdland, denn vom ersten Ton an ist eines ganz klar: Hier nabelt sich einer ganz bewusst ab vom übermächtigen Erbe des großen Django Reinhardt, der das Genre ja nach wie vor immer noch beherrscht. Wie kaum einer seiner Gitarristen-Kollegen verbindet Adler sein Ursprungsgenre mit dem Mainstream, weshalb sein Programm an diesem Abend auch den Untertitel „From Django To Oscar“ trägt.

Adlers Trio mit Joel Locher am Kontrabass und Guido May am Schlagzeug ist eine trefflich eingespielte Combo, die für enormen Schub sorgt, ja, bei Bedarf regelrecht den Turbolader zuschaltet – und zwar allein durch Intensität, nicht durch übermäßige Lautstärke. Der Star des Abends aber ist der in Bukarest geborene und in Stockholm und Helsinki lebende Pianist Marian Petrescu. Ihn als Virtuosen zu bezeichnen ist sicherlich nicht vermessen. Was er spielt, ist schlichtweg sensationell. Petrescu tänzelt leichtfüßig, dreht Pirouetten, seine Figuren schlagen kunstvoll Kapriolen, als Filigrantechniker ist er eine Weltmacht. Und dann bricht wie scheinbar aus dem Nichts plötzlich die akustische Stampede los, überschlagen sich die Ereignisse, forciert er das Tempo und feuert aus allen Rohren. Und er ist ein Meister des Intros. Petrescu eröffnet ein Stück mit Rachmaninoff, Chopin, Liszt oder führt sein Publikum mit Scott Joplin aufs Glatteis, um dann schließlich bei einer höchst abenteuerlichen Version eines Klassikers wie „Tenderly“ oder „Moanin'“ zu landen, mit der man nie und nimmer gerechnet hätte. Adler weiß um die Klasse seines Partners: „Man kann ihm vorsetzen was man will“, sagt er, „Marian spielt alles in höchster Perfektion.“

Der Bandchef selbst schafft auf absolut überzeugende und höchst originelle Weise den Spagat zwischen Reinhardt, Wes Montgomery und George Benson, macht aus Reinhardts „Nuages“ ein ungemein entspannt-grooviges Funkstück und aus Edvard Griegs „Danse norvégienne“ die mit Lust und Witz vorgetragene Paradenummer dieses denkwürdigen Abends, der schließlich mit einer großartigen, emotional anrührenden Version des „Minor Blues“ und zwei umjubelten Zugaben seinen Abschluss findet.

Marian Petrescu und das Wawau-Adler-Trio – da haben sich wahrlich vier Musiker gefunden, die auf einer Wellenlinie liegen, während des gesamten Konzerts bestens harmonieren und überdies die gleiche Leidenschaft entwickeln für diese Grenzgänger-Musik zwischen dem Spartenjazz des Gypsy Swing und dem weiten Betätigungsfeld des Mainstream. Es gibt Momente, in denen aus verschiedenen Individuen eine Einheit wird, in denen alles passt. Dieses Konzert im Birdland war so einer.