Aldo Romano Trio | 10.02.2007

Augsburger Allgemeine | Dr. Tobias Böcker
 

Das Schlagzeug im Jazz hat sich schon lang emanzipiert, vom Begleiter zum mitbestimmenden Gestalter. Der europäische Jazz gewinnt mehr und mehr an Eigenständigkeit gegenüber dem amerikanischen. Beide Entwicklungen konvergieren in Aldo Romano. Der italienische Drummer gastierte gemeinsam mit dem Pianisten Baptiste Trotignon und dem Bassisten Remi Vignolo im Neuburger Birdland Jazzclub.

Emanzipation auch, was das Repertoire angeht: Unter dem Motto „Flower Power in Concert“ setzt sich das Trio mit denkwürdigen Songs auseinander, die wahrlich nicht zum üblichen Repertoire eines Jazzpianotrios gehören: Da atmet an der Seite des Jazzstandards „My Foolish Heart“ Romanos afrikanisch inspirierte Eigenkomposition „Conception“ fröhliches Selbstbewusstsein, bellt der „Black Dog“ von Led Zeppelin, wird Simon & Garfunkels Schmonzette „Bridge Over Troubled Water“ eine belebende Frischzellenkur verpasst, schwelgt die Düsternis der Doors mit „The End“ neben Serge Gainsbourgs liebestrunkenem „Je t’aime moi non plus“. Die Interpretationen übertragen die Rock- und Popklassiker der späten 60er und frühen 70er mühelos in den Kontext des Jazz, entfalten sich im swingenden Fluss der Improvisation neu und frei, facettenreich, differenziert und erfrischend.

Selten ist ein Drummer zu erleben, der wie Aldo Romano in rhythmisch kreativer Eigenständigkeit Gefühl und Klarheit, Touch und Punch verbindet, der über ein derartiges Gespür für Dynamik und Timing verfügt. Der mittlerweile 66jährige Wahlpariser zählte zu den Pionieren des freien Spiels, mischte kräftig mit in der Fusionbewegung, lotete die musikalischen Tiefen Afrikas ebenso aus wie die Kraft der Jazztradition und die Welt des Chansons, gewann nicht zuletzt – und eigentlich viel zu spät – 2004 den renommierten Jazzpar Prize. Im Birdland erfreut er mit immer präsentem, nie aufdringlichem Groove, einem zwischen romantischer Elegie und freier Energie wie schwerelos fließenden Spiel von beglückender Klangfülle, in der Zugabe darüberhinaus mit einer hinreißend gesungenen Version des Jazzstandards „The Nearness Of You“. Baptiste Trotignon am Bösendorfer steht dem Meister in schier überbordender Phantasie, ornamentenreicher Improvisation und feinster romanischer Anschlagskultur nicht nach. Der blitzgeschwinde Remi Vignolo am Bass straft all jene Lügen, die da immer noch meinen sollten, ein Kontrabass sei nur zum Hintergrundgrummeln da, trägt seinerseits kraftvoll zur Emanzipationsbewegung bei. Eine solche Flower Power lebt weit über ihre Epoche hinaus.