Alan Broadbent Trio | 04.10.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Es gibt Musiker, die kennt jeder, aber die wenigsten wissen es. Wer je einem Song von Diana Krall, Natalie Cole oder Paul McCartney begegnet ist, der müsste eigentlich auch schon mal den Pianisten, Komponisten, Dirigenten und Arrangeur Alan Broadbent gehört haben. Er ist einer von denen, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Dafür hat er immerhin zwei Grammys erhalten. Als er an diesem Abend im Birdland seine eigene Musik präsentiert, sitzt also ein echtes musikalisches Schwergewicht am Bösendorfer-Flügel, einer, den die Los Angeles Times schlichtweg als „einen der besten lebenden Jazz-Pianisten“ bezeichnet.

Er demonstriert jedoch deswegen nicht pausenlos seine Virtuosität, sondern lenkt die ganze Aufmerksamkeit des Publikums auf seine Kompositionen. Broadbent verfügt über einen herrlich differenzierten Anschlag, bei ihm ist alles leicht und klar, seine Verzierungen sind geradezu hinreißend. Aber darum geht es nur am Rande. Im Mittelpunkt stehen diese kleinen Pretiosen, die subtil gesetzten, hingehauchten Balladen, diese fragilen Midtempo-Stücke, von denen man meint, sie stammten aus den dreißiger oder vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, obwohl sie doch gerade eben erst geschrieben wurden für Broadbent’s persönliches „Songbook“, dessen zweiter Teil demnächst auf CD veröffentlicht werden wird. Drei dieser Stücke werden, wie Georgia Mancio erklärt, an diesem Abend im Birdland sogar welturaufgeführt.

Während Phil Steen im Hintergrund mit warmem, rundem, und perfekt zum Piano passenden Ton am Kontrabass seine Kreise zieht, ist die Sängerin aus London neben dem Pianisten der zweite Fixpunkt der Band. Ihre Farbgebung, der jeweilige Ausdruck ihrer Stimme, der Inhalt der Texte und Broadbents Tonarrangements machen jede Komposition zu einer absolut runden Sache. Mit ihrer klaren, kraftvollen Stimme, die problemlos an die der großen Diven des Jazz heranreicht, ist sie geradezu prädestiniert, die durch die Texte sprachlich und die Noten musikalisch ausgedrückten Stimmungen umzusetzen. Wenn Georgia Mancio einen melancholischen Song singt, dann hört und spürt man die innere Anteilnahme.

Die Songs dieses Abends im Birdland sind den großen Evergreens der Jazzhistorie nachempfunden und haben mit Sicherheit das Potential, selbst zu solchen zu werden. Broadbent drückt das seinem hingerissen lauschenden Publikum gegenüber eher bescheiden aus. „Es würde uns glücklich machen, wenn Sie die ein oder andere Melodie im Gedächtnis behalten würden. Wenigstens bis morgen früh“, sagt er. All denen, die wegen der Fülle der gebotenen akustischen Leckerbissen Gefahr laufen, dabei ein klein wenig die Orientierung zu verlieren, seien die erwähnten „Songbooks“ ans Herz gelegt. Zur Überbrückung der Wartezeit, bis diese tollen Songs eines Tages zu Standards und damit Allgemeingut werden. Denn damit ist auf jeden Fall zu rechnen.