Mit dem Slow Boat To China begann die Jazzreise am Samstag im Birdland eigentlich gar nicht so slow, gar nicht so gemächlich wie der Titel vermuten lässt. Die Geschwindigkeit wurde schon eher von einem kleinen Außenbootmotor getrieben, den Bernd Reiter am Schlagzeug und Michel Rosciglione am Bass frisch voran und unablässig mit dem nötigen Treibstoff versorgten. Als Kapitän fungierte der renommierte französische Pianist Alain Jean-Marie am Flügel, der mit den ersten Tastenschlägen souverän den Takt vorgab. Solchermaßen eingenordet war das Publikum im Hofapothekenkeller bereit für die vergnügliche Fahrt durch das Weltmeer der klassischen Standards. Dabei trafen die Passagiere so liegt es in der Geschichte des Jazz natürlich immer wieder auf die stilprägenden Landmassen zwischen Atlantik und Pazifik. Der von der französischen Karibikenklave Guadeloupe stammende und heute in Paris lebende Alain Jean Marie machte dabei mehrfach deutlich, welches die maßgeblichen Akteure des Jazz waren. Kein Duke Ellington, kein Jazz, bemerkte der Pianist, nachdem die ruhigen Gewässer von In a Sentimental Mood durchschifft waren. Der reiche, konzertante Klang des Flügels, das entspannt elegante Spiel Jean-Maries hatten das Publikum sanft in den Bann gezogen. Ohne Thelonious Monk, kein Jazz, hieß es weiter im Programm, und das berühmte Round Midnight ließ den Österreicher Bernd Reiter die Becken seines Drum-Sets zart mit den Besen streicheln. Gehörig mehr Fahrt kam mit Joe Hendersons Bossa Recordame auf. Und so richtig rasant wurde die Sache No Charlie Parker, no Jazz und der Titel ist schon wieder trügerisch mit Relaxin at Camarillo. Keinesfalls entspannt, sondern hochenergetisch brachte das Trio mit dieser Nummer mehr als nur die Füße der Zuschauer zum Wippen. Vielmehr vibrierte wohl angesichts der enormen Tightness, angesichts des engsten Zusammenspiels zwischen Bass und Schlagzeug die Luft im Birdland. Voller Energie setzte der Italiener Michel Rosciglione die Töne des Kontrabasses in rasanter Abfolge genau auf die Schläge der Snaredrum. Solierend hielten die Musiker das dynamische Level, während einige wenige, aber genau die richtigen, außerirdischen hochperlenden Töne des Pianos die Spannung noch steigerten. Doch das war noch nicht alles. Nach der Pause gab es kein Jazz ohne Cole Porter weiteren Up-Tempo-Swing mit Dont Know What Love Is. In Ellingtons Things Aint What They Used To Be bewies Rosciglione, dass der Bass auch zum Melodie-Instrument taugt. Und das ganz große Finale gelang dem Trio mit Just in Time. Super Schlagzeug, kleine Schläge auf das Gestänge können so reizvoll sein Ein fulminantes, reiches, großartiges Pianosolo zum Abschluss fast. Die Reise endete No Jazz without Blues mit After Hours. Hier deutete sich noch eine neue stilistische Reiseroute an, der man gerne einmal folgen würde. Standards, ja aber ganz und gar nicht auf Standardniveau!