Al Foster Quartet | 25.09.1999

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit großem Beifall feierten die Zuhörer den Auftritt des Al Foster Quartetts im Birdland Jazzclub. Geboten war ungeheuer lebendige Musik, die bei aller Traditionsverbundenheit jederzeit für Überraschungen gut ist.

In nachgerade „klassischer“ Jazzbesetzung mit Saxophon, Kontrabaß, Schlagzeug und Piano zelebrierten Al Foster (dr), John Nugent (sax), Doug Weiss (b) und Überraschungspianist Aaron Goldberg Understatement und Kreativität auf höchstem Niveau. In den Nuancen lag die Klasse des Quartetts, das für eine weitere Perle in der Krone des Erfolgs des Birdland Jazzclubs sorgte. Al Foster ist wahrlich ein Ausnahmedrummer. Fast versteckt sitzt er hinter seinen steil aufgestellten Becken. Mit minimalem Aufwand an Gerät und Effekten, dafür mit ungeheurem Reichtum an Phantasie und einer schier unermeßlichen Variabilität des Ausdrucks sorgt er für einen energiegeladenen Groove. Ein Klangzauberer ist er, nutzt alle möglichen Flächen seines Instruments zu eigenwilligen und dennoch transparenten Klängen und Strukturen, manchmal nur auf dem Hi-Hat und dessen Ständer filigrane rhytmische Ideen andeutend, dann wieder mit heftigen Schlägen und schweren Sounds. Als Leader ist er der Primus inter pares, der motiviert, Ideen vorgibt und nicht ohne eine Prise Humor seine wesentlich jüngeren Mitstreiter engagiert und temperamentvoll zu Höchstleistungen treibt.

Doug Weiss spielt den Baß mit rundem Klang, rhythmischer Souveränität und Sicherheit. Im Dialog mit Foster springen die Ideen nur so hin und her. Seine Melodiosität entlockt Foster mehrfach lobende Kommentare („nice, nice!“) und den Zuhörern hingerissenen Applaus. John Nugent durchmißt am Sopran- sowie Tenorsaxophon kraftvoll und souverän 50 Jahre Jazzgeschichte, dabei nie konservierend, sondern mit Frische und Freude am hier und jetzt. Balladen spielt er schmiegsam, gelöst und mit jenem Schuß Spannung, der Musik zum Ereignis macht. Die Entdeckung des Abends ist Aaron Goldberg am Piano. Kurzfristig an Stelle des angekündigten Kevin Hayes verpflichtet überrascht der erst 25-jährige New Yorker mit einer jetzt schon schier unglaublichen Souveränität und abgeklärten Reife. Alles kann er, nichts scheint er mehr unter Beweis stellen zu müssen. Er ziseliert ornamentale Asymmetrien in den Raum, kennt ebenso den Wert der nicht gespielten Noten. Beseelt und romantisch, kraftvoll und swingend setzt er ein Glanzlicht ans andere.

Miles Davis, bei dem Al Foster lange Jahre Schlagzeug spielte, hat einmal die Ansicht geäußert, daß alle Melodien bereits geschrieben seien und sich im Jazz künftig alles um den Rhythmus drehen werde. Das Al Foster Quartett bestätigt und widerlegt diese Ansicht zugleich: Die Bestätigung liegt in der starken Präsenz von Al Fosters Schlagzeug, seiner kreativen und vorwärtsdrängenden Kraft und seiner Liebe zu rhythmischen Details. Widerlegt ist Davis´ Ansicht mit der melodiösen Phantasie von Fosters Mitstreitern, allen voran der fabelhafte Aaron Goldberg am Piano. Ihm wird ein große Zukunft beschieden sein.