Tamir Hendelman Trio | 30.03.2019

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Diese tollen Arrangements, bis ins kleinste Detail präzise, dazu eine mitreißend freie Improvisation in den Soli von Klavier, Bass und Schlagzeug, das ist unverkennbar die große, „alte“ Jeff-Hamilton-Schule. Tamir Hendelman, Leader und Pianist des gleichnamigen Trios verwandelte am Samstag den vollbesetzten Birdland Jazzclub mit seiner Combo zeitweise in einen Hexenkessel. Swing der allerfeinsten Sorte animierte das Publikum gar zum rhythmischen Mitklatschen, was für einen Jazz-Abend – im Gegensatz zu Musik ganz anderer Art – doch sehr ungewöhnlich ist und wegen der nur scheinbar einfachen rhythmischen Struktur auch nicht lange lang wirklich funktioniert. Aber sei’s drum: Diese Emphase der Zuhörer war nachvollziehbar.

Das Trio gibt es in dieser Zusammensetzung (neben Tamir Hendelman am Piano der Bassist Nicola Sabato und Germain Cornet an den drums) noch nicht lange. Der aus Israel stammende Tastenvirtuose, dessen Swing- und Soul-Feeling an den großen Oscar Peterson erinnert, hat sich mit zwei Weltklasse-Musikern ihres Fachs zusammengetan.

Nicola Sabato macht aus seinem Kontrabass ein Universum des Zupfens, Streichens und – ja- des Singens. Manchmal glaubt man fast einen warmen Bariton zu hören, weich und intensiv klingen die Bass-Saiten, dann wieder arbeitet Sabato mit wenigen Doppelgriffen den Swing-Charakter heraus. Eine derart lockere, perfekte Präsenz erlebt man nicht so oft. Der junge Schlagzeuger Germain Cornet steht seinem Kompagnon am Bass nicht nach, was Präzision und Schwerelosigkeit angeht.

Und der Zauberer auf dem Bösendorfer-Flügel gibt mit seinen lyrischen wie donnernd-dramatischen Qualitäten den Grundton des Trios vor. Hendelman liebt den kraftvollen Zugriff, gelegentlich schrickt man sogar etwas auf. Diese Entschlossenheit im Forte-Modus aber entpuppt sich als musikalisch überzeugend. Genauso wie die Kantilenen im Piano und Pianissimo, alles in einer funkelnden, impressionistisch geprägten Tonsprache. Das ist beste Tradition eines Jeff Hamilton, verwandelt in einen eigenen, betörenden Stil der Marke Hendelman/Sabato/Cornet.

Besonders plastisch wirkt diese Art von Edel-Jazz in Songs wie „little bird“, „it’s only a paper moon“ oder in verblüffenden Phantasien über ein Thema aus „My fair lady“ und Variationen über Songs von Legenden wie Duke Ellington. Was Bandleader Hendelman kompositorisch drauf hat, davon zeugt ein Stück, das sich mit den Empfindungen von Maurice Ravel am Grab seines verehrten Komponisten-Kollegen Couperin befasst. Eine Herausforderung, die der Pianist auf brillante Weise in beide Hände nimmt.

Das Hendelman-Trio ist derzeit auf großer Europa-Tour, mit Stationen in London, Paris, Brüssel. Bern, Kopenhagen und anderen Metropolen. Eine Jazz-Metropole darf dabei natürlich nicht fehlen: Neuburg und sein Birdland-Club. An Einwohnerzahl bringt die Ottheinrichstadt meist nicht einmal ein Hundertstel der „Konkurrenz“ auf die Waage. Aber in der Welt des Jazz spielt sie auf Augenhöhe.