Anja Lechner – Vassilis Tsabropoulos | 05.12.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Wo sonst Swing, Bebop und die Kunst der Improvisation regieren, war ausnahmsweise „ernste“ klassische Musik zu hören. Anja Lechner und Vassilis Tsabropoulos zelebrierten an Cello und Piano die hohe Kunst des Duospiels und servierten dem begeisterten Publikum wahre kammermusikalischen Delikatessen.

Zuletzt war Anja Lechner im Juli 2002 in Neuburg zu hören, als die Sommerkonzerte zwischen Donau und Altmühl im Kongregationssaal das Rosamunde Quartett präsentierten. In der intimen Atmosphäre und der – gerade auch für klassische Musik – ausgezeichneten Akustik des Jazzkellers kommt ihr exakt artikuliertes Spiel um so besser zur Geltung. Das Cello entfaltet unter ihren Händen herbe Sinnlichkeit, offensiven Biss und zärtliche Klangfülle, dunkles Geheimnis und rasante Beweglichkeit. Dazu fügt Vassilis Tsabropoulos am Bösendorfer fühlbare Intensität, gemessene Innerlichkeit und kultivierte Energie.

Die Elégie op. 24 für Violoncello und Klavier von Gabriel Fauré bietet den programmatischen Auftakt in einen eher melancholisch geprägten Abend. Große Gefühle werden dabei weniger durch dramatische Melodien als durch den Gestus ihrer Darbietung formuliert in einer Mischung aus Klarheit und Ausdrucksstärke. Sanglichkeit und Läuterung können als Grundmotive angesehen werden; trotz des im 19. und 20 Jahrhundert angesiedelten Programms ist keine herausfordernd moderne Musik zu hören. Die Orientierung gilt neoklassischer Musikalität in einer eigentümlichen Klangästhetik aus Transparenz, beherrschter Emotionalität und makelloser Schönheit in dem Sound, der in einer „ECM-Nacht“ zu erwarten ist. So erklingen auch die „Trois pièces“ von Nadja Boulanger in charakteristischem Zueinander von Schlichtheit und rasanter Bewegung. Cesar Francks ursprünglich für Violine und Klavier geschriebene Sonate in A-Dur entfaltet in der von unbekannter Hand gesetzten Version für Violoncello und Klavier eine intensive kathartische Wirkung. In fließender Innigkeit und konzentrierter Sammlung bewegen sich die Kompositionen von George I. Gurdjieffzwischen Kontemplation und Bewegung, Versenkung und Tanz. Die zuletzt gebotenen Stücke von Vassilis Tsabropoulos reihen sich ein in den Grundttenor des Abends, ätherisch, ästhetisch, abwartend, mit hohem instrumentalem Anspruch und ab und an ein wenig bedeutungsschwangerem Pathos. Da tut es richtig gut, dass die bezopfte Überernstlichkeit eines klassischen Konzertabends ab und an von leisem Gläserklingen und jazzmäßig spontanem Zwischenapplaus unterbrochen wird.