Kris Davis Trio | 08.03.2014

Neuburger Rundschau | Stephanie Knauer
 

Hochkarätig aber schwer verdaulich war der Samstagabend mit Kris Davis im Neuburger Jazzclub „Birdland“. So mancher griff noch vor der Pause zum Mantel, während das Trio auf der Bühne in seine Kunst eintauchte – letzteres fast zu sehr: Eine Interaktion mit den Hörern fand wenig statt, der Beifall fand kaum Resonanz, wie unter einer Glasglocke wirkte das Bühnengeschehen, so konzentriert waren die Musiker. Ihr Avantgarde-Jazz, der eine Stufe vor dem Free Jazz stand, war selbst für das Birdland-Publikum eine Herausforderung. Die blieben waren begeistert: Was Jazzpianistin Kris Davis und ihre – als kongenial angekündigten und tatsächlich kongenialen – Kollegen John Hebert (b) und Tom Rainey (dr) boten, war wirklich stark, aber eben sehr speziell. Als habe Anton Webern die Patenschaft übernommen, mit dodekaphonischen Häufungen oder asiatisch-hauchzarten post-Debussy´schen Klangschichtungen begann Davis die jeweilige Genese, entwickelte aus dem musikalischen Material Loops und Patterns, teils sehr virtuos, mit schön trockenem Anschlag, ebenso ihre Kollegen, der Widerhall im Triolog führte den Verlauf fort. Wie ein Spaziergang durch Galaxien klang diese Begegnung mit der besonderen Art des Jazz, das Trio stieß auf etwas, zum Beispiel kratzige Dissonanzen, rhythmisch raffiniert oder Martellato gespielt, verweilte in der Schleife, in der Mantra-haften Wiederholung, spazierte weiter, einen neuen Gedanken aufgreifend. Davis flocht viele Elemente der Neuen Musik ein, Cluster etwa oder das präparierte Klavier, mit dem sein Erfinder Cage ursprünglich das Schlagzeug imitieren wollte. Ausgiebig setzte Davis dann auf die metallen scheppernden Töne – das Trio machte auf seinen Klangreisen auch vor Geräuschigem nicht Halt, entwickelte plastische Klanggebilde und Szenerien. Tom Rainey produzierte mit seiner Drumstation Schnarchen und Atmen, Stöhnen und manch explosiven Knall, der an dieser Stelle genial platziert, aber etwas zu laut für den Apothekenkeller war. Einen starken Grundbeat gab es durchaus, der permanent lief, auch wenn die Musik streckenweise in entspannten Leerlauf fiel, Latin-Schritt war zu erkennen, auch mal ein orientalischer Heben-Senken-Schritt, Bop-Rasen, und hier war John Hebert exorbitant. Der Kontrabassist zeigte unglaublich Schnelligkeit, fingerte auf dem Griffbrett wie auf einer Klaviatur, verschmolz im Flageolett und in der Tiefe mit den beiden anderen Instrumenten zur fast ununterscheidbaren Einheit – aber niemals ohne guten Grund: Die musikalische Substanz bestimmte seinen Part, war überhaupt das A du O des Abends. Für die kanadische „Newcomerin der Extraklasse“ – so der Ankündigungstext goldrichtig -war der Auftritt ihr Neuburger Debüt. Eine Wiederkehr ist sehr erwünscht.