Théo Ceccaldi Trio „Django“ | 19.02.2022

Neuburger Rundschau | Ssirus W. Pakzad
 

Im Vorfeld sei da wohl etwas falsch kommuniziert worden, sagt der französische Geiger Théo Ceccaldi, als er die Bühne des Neuburger Birdlands betritt. Sein Trio „Django“ habe sich keineswegs nach dem legendären „Hot Club de France“-Gründer Django Reinhardt, sondern nach dem mittlerweile verstorbenen Hund des Gitarristen Guillaume Aknine benannt, einem Vierbeiner im Übrigen, der zeitlebens starke Zuneigung für die Musik von Igor Strawinsky und Elvis Presley zeigte. Dann legt sich der aus Pithiviers stammende Lockenkopf Théo Ceccaldi die Violine auf die Schulter und intoniert – Django Reinhardt. Ja, sein Konzert war von der ersten Ansage bis zur letzten verklungenen Note schon ein echtes Schelmenstück und wer Böses dabei denkt, hat die vielen Zwischentöne, die Nuancen, Details und auch die Ernsthaftigkeit überhört, mit der er bei allem Witz musiziert.

Im Birdland feierte mit dem 35jährigen Théo Ceccaldi einer der auffälligsten, kreativsten und besten Jazzgeiger der Gegenwart seinen heftig umjubelten Neuburg-Einstand, ein Mann, der technisch mit allen Wassern und darüber hinaus gewaschen ist und eine Unmenge an Einflüssen verarbeitet – denn der Franzose ist bereits mit kammermusikalischem Jazz, mit Ensembles, die der Neuen Musik nahe sind, mit seinem glamourösen Rockprojekt „Freaks“ und seiner neuen, mit ostafrikanischen Grooves angetriebenen „Ethio-Trance“-Band „Kutu“ aufgefallen, die im August endlich ihr Debüt veröffentlicht. Der vielfach prämierte Virtuose, der auch Mitbegründer der international geachteten Künstlervereinigung „Tricollectif“ aus Orléans ist, schärfte sein musikalisches Profil zudem an der Seite von Größen wie Michel Portal, Louis Sclavis, Daniel Humair oder Andy Emler. Théo Ceccaldis breiter Background klingt in seinem „Django“-Trio auch jederzeit durch.

Ungeheuer charmant und mit viel Esprit dosiert er das Augenzwinkern, achtet darauf, dass Anspielungen an den Gypsy-Jazz-Gott Django Reinhardt (1910 – 1953) nichts Parodistisches haben. Ceccaldi spielt gekonnt mit dem Zeit-Kolorit von damals und bringt sehr viel Heute ein, wenn er Django-Klassiker interpretiert. Die machen vielleicht ein Drittel seines im Birdland vorgestellten Repertoires aus. Der Rest sind – zum Teil noch namenlose – Eigenkompositionen mit stets ungewissem Verlauf, in denen Théo Ceccaldi mit dem Gitarristen Guillaume Aknine und dem Bassisten Thibault Cellier Musterbeispiele für den Umgang mit Dynamik zelebriert und furiose Klangbilder malt – die im- und expressionistisch, oder auch pointillistisch gestaltet sind und mal nach feinem Aquarell tönen.

Mit reizvollen Pizzicati und furiosem Strich geigt uns Ceccaldi was – und spielt sich nach zarten Intros stets in Rage – so sehr, dass sich das Bild eines Paganinis von heute aufdrängt. Die rotbraunen Locken fliegen in bester Headbanger-Manier, wenn der kleine Mann im Rausch vor- und zurückwippt, wenn sein Bogen über die Saiten tanzt. Es ist ein Veitstänzchen, das das von ihm meisterlich geführte und mit Rosshaar bespannte Streichutensil da aufführt.
Théo Ceccaldi und sein Bassist Thibault Cellier spielten an diesem denkwürdigen Abend im Neuburger Birdland übrigens gänzlich unverstärkt und elektrisierten doch. Wo echte Energie entsteht, ist ein Lausprecher eben oft nicht von Nöten.