Dime Notes | 30.11.2019

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

So hat es wohl geklungen in den Bordellen und Kaschemmen von Storyville. Vor ziemlich genau hundert Jahren waren im berühmt-berüchtigten Rotlichtviertel von New Orleans die ersten Töne einer Musik zu hören, die später den ganzen Erdball eroberte: Jazz! Die Dime Notes vermittelten im Neuburg Birdland Jazzclub einen ebenso lebendigen wie unterhaltsamen Eindruck von der guten alten Zeit. Wobei: Ob die Zeiten wirklich gut waren? Für diejenigen, die für ihr Vergnügen die eine oder andere Dime Note, also einen Zehndollarschein, viel Geld damals, hinblättern konnten, sicher. Für die, die für das Vergnügen sorgten, wohl weniger. Reich geworden ist jedenfalls kaum einer der Jazzmusiker der ersten Stunden, die meisten konnten gerade mal den Kopf rausstrecken aus den prekären Verhältnissen, in denen sie aufgewachsen waren: Buddy Bolton z.B., der Powerbläser auf dem Kornett, der schon 1907 in der Psychiatrie landete, wo er auch starb. Oder Bix Beiderbecke, den der Alkohol weit vor der Zeit dahinraffte. Einem der ganz Großen dieser Zeit widmeten sich die vier Early Jazz Spezialisten der Dime Notes ganz besonders: Jelly Roll Morton, einem der bedeutendsten Pioniere des Jazz, der sich später sogar als dessen eigentlichen Erfinder stilisierte.

In den frühen Tagen des Jazz spielte neben der Trompete und der Posaune die Klarinette eine herausragende Rolle als hochvirtuoses Instrument, zuständig für sprudenlnde Vitalität und geradezu barocke Verzierungen. Johnny Dodds, Jimmie Noone oder Sidney Bechet seinen stellvertretend genannt. David Horniblow hat sich hundert Jahre später dem Sound der frühen Tage mit Haut und Haar verschrieben, brillierte im Birdland mit zahlreichen Pretiosen aus den frühen 20ern, dem „Stockholm Stomp“, Jelly Roll Mortons Erkennungsmelodie „Alabama Bound“, Beiderbeckes „Camel Walk“, dem „El Dorado Shuffle“ und was sonst noch ausgegraben wurde aus den Archiven der Prä-Swing-Ära. Angeführt von Horniblows Klarinette und begleitet von einer phänomenal swingenden Band, am Piano Andrew Oliver, am Bass Louis Thomas und an der Rhythmusgitarre Dave Kelby, zelebrierten die Dime Notes ihre Musik in höchstmöglicher Authentizität. In heutigen Zeiten ein ungetrübtes Vergnügen für alle!