Wolfgang Lackerschmid „Trio 77“ | 11.06.2021

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Welcher europäische, gar deutsche, bayerische Jazzmusiker kann schon auf eine Komposition verweisen, die es zur Erkennungsmelodie eines regelmäßigen Features beim US-amerikanischen Fernsehsender ABC gebracht hat? Vielfältig ist das Œuvre von Wolfgang Lackerschmid allemal. Einer der international renommiertesten Meister auf seinem Instrument, dem Vibraphon, gastierte einmal mehr im Neuburger Birdland Jazzclub.

Gemeinsam mit zwei Weggefährten aus lang vergangenen Tagen dem Bassisten Thomas Stabenow und dem Schlagzeuger Michael Kersting knüpfte er an den Faden an, den die drei seinerzeit im Trio 77 zu spinnen begonnen hatten. Dabei haftete dem Abend im Keller unter der Hofapotheke nicht der Hauch von Nostalgie an, im Gegenteil: Ausgesprochen lebhaft erklangen Attila Zollers »A Thousend Dreams«, mit Humor und Verve, Witz und Tücke das Monk-inspirierte »Bluerangoutang«, mit brasilianischer Leichtigkeit Nat Simons »Poinciana. Die »Summer Changes« entwickelten aus der Trägheit eines heißen Tages die lebhafte Bewegung, die sich im Mikrokosmos tummelt, sei es im Tanz der Mücken über der spiegelglatten Fläche eines stillen Weihers, in einer plötzlichen Brise aus dem Ungefähr oder im hurtigen Flug der Schwalben am hohen Himmel. »Four Notes« zelebrierte die Kunst der Reduktion bzw. die schöpferische Fähigkeit, aus weniger mehr zu machen in munterem Lauf.

Thomas Stabenows »Fortysomething« zeigte auch den Bassisten im Trio als einen Komponisten von Rang. Stabenow, wie Lackerschmid im Birdland wohlbekannt, vereint wie kaum ein anderer seiner Zunft profunde Musikalität, coolen Groove, behände Technik, eigenständige Souveränität und unaufdringliches Understatement, dem die eigene Kunst wie selbstverständlich ist. Mit dem stets dezent, dabei gleichwohl markant agierenden Michael Kersting, ähnlichen Geistes Kind am Schlagzeug, bildete er ein ungemein differenziert und filigran agierendes Gespann. So mischten sich der obertonreiche, glockenhelle Sound des Vibraphons, der warme Holzklang des Kontrabasses und der runde Sound des Schlagzeugs zu einem Musikerlebnis, das in fein abgestimmter Balance Ohr, Hirn und Herz gleichermaßen ansprach. Sie mögen keine Zauberer sein, wie der Titel »We Ain‘t No Magicians« betont, für einen zauberhaften, anregenden Abend im Birdland sorgten sie allemal.