Wawau Adler Quartett | 26.01.2024

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Die Faszination des Gypsy-Jazz liegt zu weiten Teilen in seiner schier unvorstellbaren Virtuosität. Da hexen die Gitarrenmeister auf den Spuren Django Reinhardts nur so übers Griffbrett, dass dem Publikum der Mund vor Staunen offen bleibt. Dass sich das Genre darin bei weitem nicht erschöpft, zeigte einmal mehr Wawau Adler bei seinem Gastspiel im Birdland Jazzclub Neuburg.

Natürlich gehört auch hier der virtuose Ritt über den Gitarrenhals zur Kunst, umso mehr als Adler eine original Selmer-Gitarre aus den Vierzigern aufgetrieben hat, eine „schwer bei Laune zu haltende Diva“ freilich, wie sie Reinhardt, der belgische Meister und Begründer des Genres seinerzeit zu spielen pflegte. Ihm ist schließlich das Programm zu weiten Teilen gewidmet mit „The Best Things in Life Are Free“, „La Belle Vie“, dem wunderbaren Balladenklassiker „Lover Man“ und „Le Soir“.

Kurz vor der Corona-Pandemie hatte Adler eine Hommage zum 110-jährigen Geburtstag des großen Vorbilds nahezu aller Gypsy-Gitarristen aufgenommen, aktuell ergänzt durch eine weitere Referenz: „I Play With You“. So flogen also die Finger über die Saiten, funkelten die Soli, wogten die Rhythmen und strahlte der Glanz der Tradition in ziemlich reiner Lehre, zumindest im ersten Set, freilich nicht ohne ihn anzureichern mit ganz individuellen Haken und Ösen.

Im zweiten Set wechselte Adler zur gewohnten halbakustischen Gitarre, erweiterte den Sound der Väter durch die für ihn typischen moderneren Klänge und erreichte gerade dadurch eine noch intensivere Authentizität.

Was wäre dieses herausragende Konzert gewesen ohne die Begleiter, allen voran den grandiosen Geiger Alexandre Cavaliere? Geradezu sensationell fein sein Strich, federleicht und elegant wie bei Stephane Grappelli in seinen besten Jahren, dabei frisch, frei, vital und ungemein präsent. Hono Winterstein sorgte als verlässlicher Groove-Garant an der Rhythmusgitarre in stetigem Drive für den lebendigen Herzschlag der Musik und Joel Locher, im Solo ein wahrer Hummelflieger am Bass, für die verlässliche harmonische Basis.

Mag es sein, dass ein historisches Instrument bisweilen etwas verstimmt auf Veränderungen der Umgebung reagiert, am Ende griff Wawau Adler doch wieder zu Selmer und dann hauten sie alle noch Soli raus, die dem Gygpy-Jazz aller Zeiten zur hohen Ehre gereichten.