The Big Chris Barber Band | 11.03.2004

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

(Audi Forum Ingolstadt)

Manchmal, da klingt es sogar durchs eigentliche Thema durch, quasi wie ein zweiter Song im Hintergrund: „Oye como va“. Diese typischen, unverwechselbaren Congas und Rhythmusbreaks – jetzt müsste eigentlich nur noch der Meister himself mit seiner Gitarre hereinkommen, und die  Illusion wäre perfekt.

Zumindest ein Teil des nostalgischen Traums wurde freilich in Gestalt von Pibo Marquez im Ingolstädter Audi-Forum Realität. Der 38-jährige Venezolaner hat nämlich tatsächlich Carlos Santana hochoffiziell für ein paar Jahre seine heißen Händchen geliehen; nicht etwa in irgendeiner unbedeutenden Periode, sondern ausgerechnet in dessen „Supernatural“-Phase, als es für den Saitenzauberer späte Hits am Fließband regnete: „Smooth“, „Maria Maria“, „Corazon Espinado“. Natürlich klingen Marquez und seine Band „Las Manos Calientes“ immer ein bisschen nach Santana, wenn sie im Museum Mobile ihr würziges Gebräu aus Pop, Rock, Latin, Funk, Jazz und den vielfältigen Einflüssen aus der Karibik servieren. Aber eben nur ein bisschen.

Denn das Konzept des munteren Sextetts offeriert seinen Mitgliedern wesentlich größere Möglichkeiten, zeigt sich offen nach allen Seiten und verblüfft mit Lösungen, die trotz aller Komplexität über ganz erstaunliche Ohrwurmqualitäten verfügen. Dabei tut Pibo Marquez eigentlich nicht mehr, als die Attribute seiner multinationalen Combo geschickt zusammenzuführen. Die elegischen Soli des französischen Saxofonisten Laurent Bonnet etwa, dessen Sturzflüge im Zuschauerraum oft an Bennie Maupins Beutezüge mit den Headhunters erinnern. Den knatternden Slap-Bass des Brasilianers Dudu Penz, mit dem die edel-konzertante Performance verschärfte Dancefloor-Qualität erhält. Das perkussiv angeschlagene Piano von Franklin Lozada oder aber die völlig diametral zum Bandsound gerichtete spanische Gitarre von Hernan Romero.

Der Argentinier bringt mit dem fast klassischen Intro zu „La Rossa“ eine unerwartete Note ins Audi Forum und dimmt die zuvor ausgelassene Stimmung schlagartig auf mattes inneres Kerzenlicht herunter. Nur ein Beweis für die mannigfaltigen Einflüsse, die der atemberaubend flinke Pibo Marquez, unterstützt von Drummer Francis Arnaud, in einem Schmelztiegel der Ausgelassenheit wirft. Die Rezeptur aus Harmonien und vor allem Rhythmen erreicht den Organismus des Publikums mit der Rasanz eines Traubenzuckerwürfels, und das hat Folgen.

Im mitreißenden karibischen Finale schafft es Pibo sogar, die oft zu Recht als steif titulierten Ingolstädter aus ihren Sitzen zu hieven und sie in den Hüften richtig locker kreisen zu lassen. Selbst Manni Rehm, der für das Programm verantwortliche „Birdland“-Chef, sowie eine junge, während der Zugabe ausgelassen auf der Bühne tanzende Frau können sich dem ansteckenden Virus nicht entziehen. Und spätestens an diesem Abend wird es jedem klar, dass das Audi-Forum längst ein richtig guter, abgefahrener Musiktempel geworden ist.