swingIN Big Band | 14.09.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

„Jeder kennt die Big Bands von Glenn Miller, Benny Good­man und vielen anderen mit Titeln wie ,In The Mood‘ und ,Sing, Sing, Sing‘, die unzählige Male gespielt und interpre­tiert wurden“, heißt es auf der Homepage der in der Schanz und der Region drum­herum beheimateten Swin­gIN Big Band.

Nun gut, ganz so bekannt wie die ge­nannten einstigen, mit Weltstars besetz­ten, Ensembles ist das hier, das an die­sem Abend zum dritten Male hinterein­ander die Konzertsaison im Audi Forum eröffnet, nicht. Aber es sorgt für einen ausverkauften Saal, verfügt an­scheinend also mittlerweile über einen ziemlich gu­ten Ruf und tut an diesem Abend mit durchdachtem Konzept, mu­sikalischer Kompetenz und spannender Musik für ein am Ende begeistertes Publikum alles dafür, dass jener sich auch künftig meh­re.

Zur Hochzeit, als die Big Bands wahre Hitfabriken waren, dominierten deren Stücke das internationale musikalische Geschäft, waren Chartstürmer und be­herrschten den Schellack-Markt. In unse­rer Zeit muss man neue Wege gehen, auf denen handgemachte Musik und der gro­ße Raumklang wichtiger ist als das, was heute üblicherweise digital erzeugt und meist nur noch computergesteuert zu ha­ben ist. In klanglicher Hinsicht ist die SwingIN Big Band eher altmodisch, und das ist gut so. Ehrlichkeit statt Blend­werk. Musiker statt Maschinisten. Le­bendigkeit statt metrisch zwar korrek­ter aber eben doch seelenloser Beats. Die Zeit, in der zu Jazz getanzt wurde, in der man mit ihm riesige Umsätze erzielte, ist zwar vorbei, und Megaseller bringt das Genre auch nicht mehr hervor, aber dar­um geht es den 17 Akteuren auf der Au­di-Bühne ja auch gar nicht.

Dafür um so mehr um das Neue im Al­ten, das auch heute noch für Spannung sorgt. Ellington, Peterson, Goodman. – Ja, das Erbe zählt durchaus nach wie vor und man beruft sich darauf. Auch die SwingIN Big Band unter dem hervorra­genden Oliver Wasilesku tut das, aber man ist eben auch ständig unterwegs in neue Gefil­de, deren Entdeckung und Be­arbeitung sich lohnen. Arrangeure wie Mark Taylor, Bob Mintzer und Gordon Goodwin, Komponisten aus der Nach-Swing-Ära wie Wayne Shorter, Freddie Hubbard oder Joe Zawinul tauchen im Programm auf, das über weite Strecken dem viel näher steht, was man von der WDR, der SWR, der NDR oder der hr-Big Band kennt, als der „Golden Era of Swing“. Das war nicht unbedingt in die­ser Deutlichkeit vorher­zusehen, aber die Setlist, für die Posau­nist Erhard Rigol zuständig ist, macht jede Menge Spaß und stößt auf begeis­terte Reaktionen von Seiten des Publi­kums.

Und sie ist ein ein Beleg dafür, dass diese Band viel mehr drauf hat als das Übliche. Stücke wie „Count Baba’s Re­venge“ von Goodwin’s Big Phat Band oder Shorter’s „One By One“ sind ja nicht unbedingt leichte Kost. Die muss man erst mal hinbekommen, und zwar nicht nur so, wie sie auf dem Papier ste­hen, sondern so, dass sie swingen, groo­ven, fließen, zu echtem Leben erwa­chen und einen körperlich packen. Dass dies klappt, dafür bringen die Musiker alle Voraussetzungen mit. Kompetenz, Po­tential, Lei­denschaft, Teamgeist, Dis­ziplin, Konzen­tration. Und so wird der Abend zu einem echten Erlebnis, das man in dieser Form leider viel zu selten geboten bekommt. Eigentlich ist es eine Schande, dass die­ses Orchester nur in der Region und nur bei Jazzfans bekannt ist.