Stochelo Rosenberg & Gismo Graf Trio | 27.01.2023

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Allen Akademien zum Trotz: Jazz bleibt eine Kunstform, die auf direktem Wege von Generation zu Generation weitergegeben wird. Das zeigte sich einmal mehr im Konzert der beiden Gypsy-Swing-Größen Gismo Graf und Stochelo Rosenberg im Neuburger Birdland Jazzclub.

Beide wandeln sie auf den Spuren des Urvaters des Jazz Manouche, des Giganten Django Reinhardt. Beide wuchsen in musikbegeisterten Familien auf, beide begannen bereits in früher Jugend mit dem Gitarrenspiel, beide suchten und fanden den Kontakt mit den Größten der ihnen vorangehenden Generation und teilten mit ihnen die Bühne, der ältere mit Stephane Grappelli, der jüngere jetzt also mit Stochelo Rosenberg.

Letzterer ist der etablierte Star, spielte u.a. bereits 1993 an der Seite von Stephane Grappelli anlässlich von dessen 85. Geburtstag in der New Yorker Carnegie Hall. Gismo Graf hat seinerseits das Stadium des maximalversprechenden Talents schon hinter sich und gilt zu Recht als einer der versiertesten Gitarristen seiner Generation.

Jeder nimmt das Erbe auf seine Weise auf, Gismo Graf brilliert mit wie an einer Perlenschnur gezogenen Läufen, Rosenberg flicht ebenso swingend, zugleich etwas scharfkantiger und prägnanter immer wieder kleine Wirbel ins schier sprudelnde Geschehen. Für beide gilt: Geschwindigkeit ist keine Hexerei, auch kein Selbstzweck. Sie steht stets im Dienst des musikalischen Ausdrucks und der erneuernden Aktualisierung musikalischer Tradition.

In fließendem Wechsel warfen sie sich die Bälle zu in etlichen Django-Reinhardt-Klassikern, glitten vom Solo zur Begleitung und zurück. Immer wieder übergaben und überließen sie sich die Führung in uneitlem Selbstbewusstsein einer überragenden Virtuosität. Das beantwortete auf ganz eigene Weise die Frage »What Kind of Friend« und ging u.a. von »Django‘s Tiger« über Edvard Griegs 2. norwegischen Tanz bis zu Stochelos »For Sephora«.

Vater Joschi Graf zeigte sich nicht nur als unermüdlicher, verlässlich swingender Rhythmusgitarrist, sondern auch als veritabler Sänger in »Mer Ham Sinti«, einem Song, den Stochelo Rosenberg 2017 zum Kinofilm »Django – Ein Leben für die Musik« beigetragen hat. Last but not least trug auch der hurtig sichere Bass von Simon Ort zum Gelingen eines Konzerts der Extraklasse bei.

Wieder einmal zeigte sich, dass der Jazz auch innerhalb klar definierter Stilgrenzen von kreativen Ideen nur so überquillt, die sich im lebendigen Dialog der Generationen umso lebhafter entfalten.