Sclavis / Pifarély / Courtois | 17.11.2017

Donaukurier | Karl Leitner
 

Wenn man sich mit Jazz beschäftigt, sollte man nie vergessen, den Blick auf unser westliches Nachbar-land Frankreich zu richten. Man stößt dann unweigerlich und auf Louis Sclavis, Dominique Pifarélli und Vincent Courtois. Diese drei laufen sich immer mal wieder über den Weg, bei Konzerten, auf Festivals, bei Plattenaufnahmen von Kollegen. Eine eigene, gemeinsame Band freilich unterhielten sie bislang nicht.

Das hat sich nun mit den Aufnahmen zum Album „Asian Field Variations“ geändert und das ist gut so, denn so wird man im Neuburger Birdland an diesem Abend, der vom Bayerischen Rundfunk anlässlich des „Birdland Radio Jazz Festivals“ mitgeschnitten wird, Zeuge zwar ungewöhnlicher, jedoch ganz hervorragender Musik, die einen fast von den Stühlen reißt. Schon die Kombination der Instrumente ist speziell. Die verschiedenen Klarinetten Sclavis‘, die Geige Pifarellis, Courtois‘ Violoncello – diese Zutaten ergeben ein Klangbild, das für manchen im Raum ebenso gewöhnungsbedürftig sein mag wie die Kompositionen, wie der von dem Trio kreierte kammermusikalische Modern Jazz, der herkömmliche Soli ebenso zulässt wie etwa herrlich abgedrehte Klangspuren, der immer wieder mal mit gänzlich freien Passagen liebäugelt oder sich über ständig kreisende melodische Grundmuster definiert.

In diesem Trio treffen drei ebenso virtuose wie wagemutige Kollegen aufeinander, drei Einzelkönner, die aber nur gemeinsam in der Lage sind, die Tür zu öffnen zu dieser ganz besonderen, ihnen vorbehaltene Kammer des Jazz, in der es so viel zu entdecken gibt. Es lohnt sich zum Beispiel durchaus, bei Stücken wie „15 Weeks“, „Wisdom“ oder „Paris D’Or“ die Wege der drei für einen Moment isoliert voneinander zu beobachten, wie sie sich umschleichen, annähern, wie sie auf Abstand gehen, sich erneut anflirten, wie sie sich die Hand reichen und sich schließlich umarmen, gemeinsam die komplex angelegten Arrangements meistern, als sei dies das Selbstverständlichste von der Welt.
Natürlich ist das, was Sclavis, Pifarléy und Courtois an diesem Abend bieten, alles andere als leichte Kost, aber es lohnt sich, ganz genau hinzuhören. Die Musiker sind höchst konzentriert, das Publikum aber ist dies mindestens ebenso, wenn es scheinbar atemlos mitverfolgt, wie dort auf der Bühne in einem Fort ungemein kunstvoll Fäden verknüpft und wieder entwirrt werden. Bereits nach dem ersten Stück ist man restlos begeistert, und dies ganz zu Recht. –

Man sollte für die Künstler, die bisher beim diesjährigen „Birdland Radio Jazz Festival“ auftraten, tunlichst keine Rankingliste erstellen. Zu unterschiedlich und deswegen im Grunde unvergleichbar ist ihre stilistische Ausrichtung. Eines aber darf man sagen: Dieses Trio steht für sich und ist eine Klasse für sich.