Zuweilen gibt es solche Aha-Erlebnisse: Da wird das Selbstverständliche bewusst und der Wald vor lauter Bäumen augenfällig. So ging’s beim Gastspiel des Robert Lakatos Trio im Neuburger Birdland. Bei der 101. Folge der hoffentlich unendlichen Reihe „Art Of Piano“ war kein wie auch immer geartetes „Konzept“ zu bestaunen, keine Neuerfindung des Genres zu hören, sondern einfach nur gute und wunderbar swingende Musik.
Die Erfindung des Pianotrios als eines kammermusikalisch aufeinander bezogenen und gleichberechtigt interagierenden Dreiecks liegt ein gutes halbes Jahrhundert zurück und ist untrennbar verbunden mit den Namen Bill Evans, Scott LaFaro und Paul Motian. Die Gleichzeitigkeit von leichtfüßigem swing und lyrischem Ernst, von Spielen und Hören, von individueller Ausdrucksstärke und harmonischem Ensembleklang, wie sie eine ganze Traditionslinie des Jazz bestimmt, zelebrieren auch Robert Lakatos am Bösendorfer, Thomas Stabenow am Bass und Klaus Weiss am Schlagzeug. Kein Griff in die Trickkiste, keine Extravaganzen, keine Hektik, aber auch kein Retro, keine Kompromisse.
Im Zusammenspiel der individuellen Klasse von Lakatos, Stabenow und Weiss entfalten Klassiker wie „Never Let MeGo“, „I Could Write A Book“, „Estate“ oder modernere Standards wie Charlie Parkers „Moose The Mouche“ und Ornette Colemans „When Will The Blues Leave“ Charme, Substanz, Originalität und jene Leichtigkeit des Seins, die das Leben mal melancholisch, mal heiter, mal auch heftiger ertragen lässt. Mit „Last Time Together“ erweist Lakatos seinem Vater Bela Lakatos die Ehre, den „Waltz for Su“ schenkt er seiner Lebenspartnerin, ein ungarisches Volkslied steht für die Wurzeln der Heimat. Der Anschlag des Pianisten ergibt eine faszinierende Synthese aus Lyrik und Entschiedenheit, Virtuosität und Feeling, klassischer Schule und jazziger Eigenständigkeit. Mit Stabenow und Weiss stehen dazu zwei exzellente rhythmisch, harmonisch, melodisch versierte Partner auf der Bühne. Man mag kaum glauben, dass das Trio zum ersten Mal zusammen spielte.