Paulo Morello Sambop Trio feat. Sven Faller & Mauro Martins | 28.02.2025

Donaukurier | Karl Leitner
 

Samba, Bossa Nova, Rumba und Baião ausgerechnet am Fa­schingswochende in einem ausverkauf­ten Club? Das riecht doch geradezu nach „Karneval in Rio“, einem der wichtigs­ten Exportschlager Brasiliens, der – ob­wohl er oftmals nichts anderes ist als die lateinamerikanische Variante des Baller­mann – auch hierzulande viele Anhänger hat.

Der Geruch freilich ist irreführend, denn das Sambop Trio um den Gitarris­ten Paulo Morello, das an diesem Abend im Birdland Jazzclub in Neuburg zu Gast ist, hat mit dem ebenso lautstarken wie längst sinnentleerten Touristen-Nepp jenseits des Atlantik gar nichts zu tun. Dort geht es um Krach, Kommerz und Voyeurismus, hier um Eleganz, künstle­rische Klasse und die spürbare Liebe dreier Musiker zu ihrem Genre und um echten Spaß an der Sache, nicht um auf­gesetzten, von Caipirinha befeuerten und ohne ihn kaum auszuhaltenden Frohsinn. Wobei bereits der Name „Sambop“ schon alles sagt. Wenn Samba und Be­bop sich treffen und sich unter fachkun­diger Führung eines der besten europäi­schen Brazil-Gitarristen (Paulo Morello), eines wunderbar entspannten Kontrabas­sisten (Sven Faller) und eines federnd groovenden und mit allen Wassern gewa­schenen Drummers und Perkussionisten (Mauro Martins) daraus eine ganz eigene Interpretationsweise entwickelt, dann sind in diesem Falle Stan Getz und Eg­berto Gismonti quasi mit im Raum, in dem oberflächliches Gebalze dann logi­scherweise keinen Platz hat und folglich ausgesperrt bleibt.

Apart und stilvoll, unaufdringlich und gleichzeitig sehr eindringlich präsentiert die Band Duke Ellington’s „I’m Just A Lucky So-And-So“, „When Sunny Gets Blue“ und Attila Zoller’s „The Birds And The Bees“ und stellt mit „7:1“ Morello’s kompositorische Reaktion auf das legen­däre WM-Halbfinale zwischen Brasilien und Deutschland von 2014 vor. Was Martins, gebürtig in Curitiba, mit einem breiten Grinsen und dem wunderschö­nen, seiner Mutter gewidmeten, „Donna Orlandina“, quittiert. Es ist nicht nur ein Konzert dreier Ausnahmemusiker, son­dern auch eines dreier hervorragender Komponisten. Sven Fallers im Andenken an seine Großeltern entstandene „Laqueur“ ist mit seiner sanften Schön­heit der ideale Gegenpart zu Morello’s rasantem „Samborello“ und dem brand­neuen „Moving“ am Ende des regulären Programms, mit dem das Trio sogar ei­nen Schritt in Richtung Fusion-Blues wagt.

Und weil die Band darauf verzichtet, ihrem Publikum die Latin-Grooves, auf die es bei Musik dieser Art ja immer an­kommt, einzuprügeln oder überzustül­pen, sondern darauf setzt, sie ihm statt dessen mit dünner Nadel unter die Haut zu injizieren – eine Vorgehensweise, die ja in vielerlei Hinsicht viel wirkungsvol­ler ist – , beginnen die letzten Stücke des Konzerts ein Eigenleben zu entwickeln, wie von selbst zu schweben. Momente wie diese kann man nicht planen, nicht vorhersehen. Man kann sie sich als Mu­siker und als Teil des Publikums nur wünschen, mehr nicht. Sie entstehen sel­ten und nur dann, wenn alles in sich stimmig ist. Beim Konzert von Paul Mo­rello und seinem Sambop-Trio scheint an diesem Abend gerade zum Finale hin ge­nau das der Fall gewesen zu sein. – Was für ein toller Abend mit zum Glück ganz viel Brasilien, aber gottlob völlig ohne Karneval.