Paolo Fresu Devil Quartet | 13.12.2014

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Einerseits dieser schier zerbrechliche, an Chet Baker gemahnende Sound, dann splitternde Duelle mit der Gitarre, offensiv und funky, dazwischen – moto perpetuo – ein warmer, weicher Einzelton, gefühlte drei Minuten lang gehalten: Der Variantenreichtum, mit dem Paolo Fresu im Birdland aufwartete, barg jede Menge Überraschungen. Der sardische Trompeter gehört seit über zwanzig Jahren zu den tonangebenden Europäern auf der Trompete bzw. dem Flügelhorn, das er an diesem denkwürdigen Abend gleichrangig spielte.

Er ist der große Meister der sanglichen Tongebung, sein Timbre und die Innigkeit seines Spiels suchen ihresgleichen. Dabei kann er andererseits in hartem, z.T. effektgeladenem Highspeed-Stakkato förmlich explodieren, die Funken stieben lassen und expressiven Hochdruck erzeugen wie in den besten Jahren des Bebop, aber anders: La Follia Italiana!

Blame it on my Youth, einer jener zeitlosen Standards des Great American Songbook erklingt in samtenem Blau auf der gedämpften Trompete in so wunderbarer Zurückgezogenheit, dass unwillkürlich die Erinnerung an Miles Davis im Raum steht, in sehr eigenständiger Adaption freilich, gelegentlich auch mit jenem mediterran orientalischen Flair, der dem Jazz vom Stiefel seit je zu eigen ist.

Die Band heißt nicht von ungefähr Devil Quartet. Stefano Bagnoli am Schlagzeug swingt wie der Gottseibeiuns, selbst wenn er bisweilen nur mit bloßen Händen auf den Oberschenkeln trommelt und dabei mit den Fingern schnippt. Paolino Dalla Porta steht ihm in nichts nach, bildet mit sonorem Understatement und grandioser solistischer Klasse das stabile Rückgrat der Band, während Bebo Ferra in elektrisierenden Soli und duellierendem Schlagabtausch die Saiten der Gitarre nur so entlangreitet in halsbrecherischen Exkursionen durch Pech und Schwefel. Hoch droben schwebt und schmettert dazu immer wieder dieser wunderbare Klang von Paolo Fresus Spiel durch den Raum – zumeist dann doch ganz nah am Flügelschlag der Engel!