Olaf Polziehn Trio feat. Jesse Davis | 16.01.2009

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Bei seinen bisherigen Auftritten im Neuburger Birdland hatte man Olaf Polziehn als lupenreinen Swing-Pianisten und hervorragenden Interpreten des American Songbook kennengelernt. Immer wieder finden sich zu seinem Trio ausgezeichnete Solisten, Scott Hamilton z.B., Harry Allen oder eben Jesse Davis, der auch schon fast ein Stammgast auf der Bühne im Keller unter der Hofapotheke ist und die Atmosphäre im Neuburger Jazzclub ganz besonders schätzt.

Mit Davis nun bot sich Gelegenheit, das stilistische Spektrum über den reinen Swing in die frühe Moderne und die Welt des Bebop und Hardbop hinein zu erweitern. Einstieg ins Konzert also mit einem gut viertelstündigen „Uncle Bubba“ von Gary Burton, dicht gefolgt von Cedar Waltons „Firm Roots“, furios, atemlos, virtuos, rasant und straight ahead in den up-tempo-Stücken, einfühlsam und schmelzend wie in der Ballade „My Romance“.

Der Mann dürfte einen Hektoliter Lungenvolumen haben, so unglaublich erscheint das Stehvermögen, mit dem Jesse Davis locker seine Soli rausbläst, immer einfallsreich, nie routiniert, spontan aus dem Bauch, direkt ins Blut.

Sichtlich Spaß hatte der Altsaxophonist, den man sicherlich unterschätzt, wenn man ihn nur als Charlie Parker Klon sehen möchte, an der Klasse seiner Mitstreiter. Dazu tragen Ingmar Heller mit seinen flüssigen Basslinien und seinem souveränen Solospiel sowie Denis Frehse mit so markantem wie zugleich dezentem Schlagzeugspiel ihr gut Teil bei.

Olaf Polziehn zeigt sich am Bösendorfer auch diesseits des Swing als Meister seines Fachs, variabel im Anschlag, phantasievoll, erfinderisch, immer auf der Spur zur Seele der Stücke, stilistisch weit gefächert mit eigenständigem Sound und Respekt vor der Tradition.

Nichts da mit einem Trio, das sich mit einem mäßig motivierten Star aufpoliert, was es ja zuweilen auch geben soll. Spielfreude und gegenseitige Inspiration sind mit Händen zu greifen, mit Ohren zu hören, mit den Füßen mitzuwippen.