Myra Melford – Marty Ehrlich | 08.03.2008

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Manchmal wirken auch leise Ereignisse elektrisierend. Vom ersten Ton an nahmen Myra Melford und Marty Ehrlich als denkbar lebendig und vielseitig inspiriertes Duo ihr Publikum im Birdland Jazzclub gefangen.

Seit sechs Jahren spielen die beiden zusammen, haben die hohe Kunst des musikalischen Dialogs zur Perfektion entwickelt ohne dabei in Gewohnheit, Routine oder allzu harmoniebedürftigem Wohlgefallen zu ersticken. Kreativ, aufmerksam, mit einem Höchstmaß an einander zugewandtem Einfühlungsvermögen und in zugleich erkennbar individueller Auffassung spielen sie aufeinander zu, spinnen je eigene Gedanken, Ideen, Melodien ineinander. Beide haben die nahezu ideale Balance von Freiheit und Bindung gefunden, nicht nur im Hinblick auf Nähe und Distanz des Zusammenspiels, in dem sie sich großzügig gegenseitige Räume eröffnen; auch das für den Jazz bestimmende Spannungsverhältnis von Komposition und Improvisation wird mit höchster Souveränität ausgelotet.

Die ganze Jazzgeschichte ist in Myra Melfords Händen Gegenwart, vom Ragtime über erdigen Blues und vehementen swing bis hin zu offensiv freiem Spiel. Jede vergleichende Assoziation wird dabei jedoch binnen kürzestem durch die markant artikulierende Entschlossenheit und Eigenständigkeit von Myra Melfords Pianospiel eines besseren belehrt. Wie lyrisch, romantisch sie auf der einen Seite der Verinnerlichung zugeneigt sein kann, so springteufelgleich kann ihr Spiel sich entladen und mit Feueratem über Ebenholz und Elfenbein fegen, dass der gute Bösendorfer nur so jauchzt. Mit komplementärer Individualität profiliert sich Marty Ehrlich an Altsaxophon und Klarinette als Duopartner und Solist gleichermaßen. Sein voluminöser ausdrucksstarker Ton ist getragen von Zärtlichkeit und Biss, Cry und Energie, lyrischer Linie und explodierendem Freigeist, in dem die gemeinsame Wellenlänge mit Händen zu greifen ist.

Ein Abend von immenser Intensität, von stets präsentem Groove und hymnischer Leidenschaft, von splitterndem Glas und spinnwebfeinen Fäden, von hingebungsvollem Miteinander und dem tanzenden Atem der Freiheit.