Vom Alter her könnten sie Vater und Sohn sein. Martin Taylor, Jahrgang 1956, der große schottische Jazzgitarrist, der 13 Alben mit dem legendären Stéphane Grapelli eingespielt hat, drei mit Yehudi Menuhin, neun mit Bill Wyman von den Rolling Stones und 34 unter eigenem Namen, und der gerade mal 28-jährige Augsburger Sandro Roy, der Shooting Star des Gypsy Swing an der Violine, der bereits heute das verkörpert, was man landläufig einen „Teufelsgeiger“ nennt.
Wenn zwei Künstler aus unterschiedlichen Generationen sich – wie beim Konzert im Birdland Jazzclub in Neuburg geschehen – zu einem Projekt zusammentun, ist es nicht schlecht, wenn sie dies auf der Basis eines gemeinsamen Nenners tun können. Der besteht in diesem Fall aus Django Reinhardt, Stéphane Grapelli und dem Erbe des Quintette du Hot Club de France, aber auch dem Drang beider, sich darauf nicht zu beschränken, das Repertoire vielmehr zu öffnen für andere Spielformen des Jazz, für amerikanischen Mainstream, lateinamerikanische Rhythmen und Filmmelodien aus der Hochzeit Hollywoods und Komponisten wie George Gershwin und Henri Mancini. Die beiden haben sich mit Stefan Rey, den manch einer im fast ausverkauften Club unter der ehemaligen Hofapotheke wohl noch von der WDR-Big Band her kennt, für ihr Project einen Bassisten an Land gezogen, der im Laufe des Abends neben den beiden Virtuosen an der Gitarre und an der Geige selber zu einem wird. Seine solistischen Beiträge sind geradezu gespickt mit absolut überzeugend in den Flow eingebauten Tricks und Kunststücken und eine der beiden großen Überraschungen des Abends.
Die andere ist, wie gut Taylor und Roy harmonieren, kommunizieren, aufeinander eingehen. Dahinter stecken auf beiden Seiten Einfühlungsvermögen und Wertschätzung und jeder der drei Musiker weiß mit Sicherheit, welch tolle Kollegen er an seiner Seite hat. Taylor als der ältere hat bei den Solostücken den Vortritt. Seine Griff- und Anschlagtechnik sind famos und vermutlich ebenso einzigartig wie sein Gespür für die jeweils ausgewählte Komposition. Seine Interpretationen von Gershwin’s „You Can’t Take That Away From Me“, sein eigenes „Chez Fernand“ über ein Restaurant in Paris und Jermaine Landsberger’s „Waltz Manouche“ verraten den extrem sauber spielenden Ästheten, den Balladen-Spezialisten und den Liebhaber dezenter aber doch so ungemein eindringlicher Grooves, der jeden einzelnen Ton exakt platziert, einen Musiker mit filigraner Brillanz und superber Eleganz. Da geht Sandro Roy mit jugendlicher Energie durchaus forscher zu Werke, schraubt sich geradezu in seine Soli hinein. Irgendwelche Barrieren gibt es für einen brillanten Techniker wie ihn nicht und wenn er eines seiner Soli mit einer dieser feurigen Schlussfiguren abschließt, die für ihn typisch sind, fällt auch der Applaus dementsprechend aus.
Dennoch, einer allein ohne die beiden anderen wäre zwar prinzipiell sicherlich möglich, an diesem Abend aber steht das gemeinsame „Project“ im Mittelpunkt, das Miteinander dreier Musiker die jeder für sich großartig sind, gemeinsam jedoch unschlagbar. Stéphane Grapelli, dessen Foto unweit der Bühne an der Wand hängt, wäre sicherlich begeistert gewesen.