Martin Sasse Trio, feat. Steve Grossman | 15.11.2013

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Nie würde man ihm das zutrauen, zumindest im Augenschein, dem auf den ersten Blick fast gebrechlich wirkenden 62jährigen, der die Bühne des Birdland in vorsichtigen, fast trippelnden Schritten betritt, sich recht umständlich seines offenkundig doch zu warmen Pullovers entledigt und die Musiker vorstellt.

Mit energischem Ansatz und geradezu mächtigem Ton jedoch bläst er dann in sein Tenorsaxophon, dass es jedweden Staub wie jeden Zweifel unwiderstehlich davon wirbelt. Steve Grossman, der Ende der 60er als junger Kerl in Miles Davis Quintett erstmals aufhorchen ließ, steht in absoluter Präsenz inmitten des Trios und spielt ein vor Power nur so berstendes Horn.

Das dampft förmlich wie in besten Hardbop-Zeiten, selbst wenn der Protagonist auf Grund seiner Hüftprobleme im Verlauf des Konzerts immer wieder mal sitzen bleibt.

Der Abend steht für Zeiten des Jazz, als der individuelle Sound noch wichtiger war als akademische Abschlüsse, Tempo keinem Selbstzweck heiligte – „A Small Hotel“ – und auch Balladen sich jede Menge Zeit zu unkalkuliert spontaner Entfaltung ließen – „In A Sentimental Mood“. Hinter Grossmans Spiel liegt sichtlich gelebtes Leben, wohl kaum ohne Einbußen, jedoch sicher ohne irgendeine Einschränkung der schier überwältigenden Musikalität.

Das ausgezeichnet eingespielte Trio um Martin Sasse tut ein Übriges, den Abend positiv zu gestalten in temperamentvollem Interplay, mitreißend swingendem Groove und virtuoser solistischer Klasse zumal des Pianisten am hurtig sprudelnden Bösendorfer. Dass Henning Gailing am Bass und Joost van Schaik am Schlagzeug dafür eine grundsolide, zugleich äußerst bewegliche Basis bereiten, versteht sich von selbst.

Über allem aber steht strahlend der spielbestimmende Ton von Steve Grossmans Saxophon, kraftvoll und voluminös, mit Ecken und Kanten, unverkennbar und ganz schön stark! Time to smile!